Es ist Kickls Ziel, Österreich zu einem Land zu machen, in dem Flüchtlinge nicht mehr akzeptiert werden, kommentiert Irene Brickner.

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Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich auf der Flucht, sagen wir als Angehörige einer verfolgten Minderheit in einem kriegsgeschüttelten Staat im Nahen Osten. Trotz aller Abschottungsmaßnahmen sind Sie in die EU weitergereist – unter Lebensgefahr mit anderen zusammengepfercht in Booten, auf Lkw-Ladeflächen oder nächtens über grüne Grenzen schleichend.

Sie haben es bis nach Österreich geschafft, hier einen Asylantrag gestellt und die Anweisung erhalten, sich im Lager Traiskirchen einzufinden. Dort sollen Sie abwarten, wie es mit Ihrem Verfahren weitergeht. Sie kommen nach Traiskirchen und erfahren: Das hier ist keine Aufnahmestelle, wo Sie nach Ihrer Flucht ein wenig zur Ruhe kommen können.

Sondern es ist das Gegenteil: eine Einrichtung, in der es darum geht, Sie zu möglichst raschem Wiederverschwinden aus Österreich zu bewegen. Schon dem Namen nach.

Seit Freitag steht ein solches Aha-Erlebnis vielen in Österreich neu ankommenden Flüchtlingen bevor. Mit 1. März hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) die bisherigen Erstaufnahmestellen für Asylwerber in Traiskirchen, Thalham sowie am Flughafen Wien-Schwechat in Ausreisezentren umgetauft. Dort – so der Minister – würden Fluchtgründe und Reiseroute rasch und intensiv geprüft, und es werde ab dem ersten Tag rückkehrberaten.

Das entspricht Kickls Ziel, Österreich zu einem Land zu machen, in dem Flüchtlinge nicht mehr akzeptiert werden, wie er bei einer Pressekonferenz vor wenigen Tagen ausführte. Und seine Umbenennungsaktion reiht sich nahtlos in die Liste flüchtlingsfeindlicher "Sager" und Maßnahmen unter Türkis-Blau ein. Diese ist inzwischen beachtlich lang – von Kickls Ankündigung vor einem Jahr, man müsse Asylwerber "konzentrieren", über die vorübergehende Umsetzung dieses Vorsatzes durch den blauen niederösterreichischen Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl in Drasenhofen hin zu den Sicherungshaftplänen für "gefährliche Asylwerber" der Bundesregierung.

Diese Attacken auf die Humanität und vielfach auch die Menschenrechte entfachen bei regierungskritischen Österreicherinnen und Österreichern Empörung. Das ist verständlich, doch es hat den Nebeneffekt, dass die asylablehnenden türkis-blauen Messages über Wochen die öffentliche Auseinandersetzung bestimmen. Das wiederum kommt den Absichten der Absender entgegen. Sie wollen die Flüchtlinge als ideale Sündenböcke um keinen Preis verlieren.

Was dagegen helfen kann? Rasche und inhaltlich richtige Reaktionen statt tagelangen Herumlavierens, wie es zuletzt die SPÖ in Sachen Sicherungshaft geliefert hat. Sowie das Commitment, dass Menschenrechte nicht verhandelbar sind. In Sachen Ausreisezentren dürften etwa die Neos einen wichtigen Punkt getroffen haben. Sie stellen Kickl die Frage, ob die Umbenennung ohne Gesetzesänderung überhaupt rechtens war. (Irene Brickner, 1.3.2019)