Die Aufregung um den Karfreitag hat sich noch nicht gelegt. Ob dies bis zum 19. April geschieht, ist noch offen.

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Mödling – Die Zahl der Bürgermeister, die die neue Karfreitagsregelung nicht übernehmen wollen, steigt. Nach zwei ÖVP-Bürgermeistern will auch der Innsbrucker Bürgermeister den Evangelischen unter den Stadtbediensteten einen halben Sonderurlaubstag gewähren.

Die Tiroler Landeshauptstadt werde von der Karfreitags-Regelung der Bundesregierung abweichen. Bürgermeister Georg Willi gewähre den städtischen Mitarbeitern evangelischen Glaubens am 19. April "fünf Stunden Sonderurlaub", kündigte Willi via "Tiroler Tageszeitung" an. "Das ist gerechtfertigt", sagt Willi, damit werde die bisherige Regelung respektiert. Sonderurlaub für alle 1600 Beschäftigten im Magistrat sei hingegen nicht administrierbar.


Ganz so eindeutig verläuft die Front in dieser Frage allerdings nicht. Auch der Mödlinger ÖVP-Bürgermeister Hans Stefan Hintner weicht in der Diskussion von der Parteilinie ab. Die Stadtgemeinde gibt allen bei ihr beschäftigten Protestanten an diesem Tag frei, teilte Hintner via Facebook mit. "Diese Heuchelei ist mir zuwider, wir brauchen dazu kein Gesetz", wurde er in einem Online-Bericht der "Niederösterreichischen Nachrichten" ("NÖN") zitiert. Am Sonntag kommt Schützenhilfe aus Eisenstadt.

Zuvor hatten der burgenländische Landesparteiobmann und Bürgermeister von Eisenstadt, Thomas Steiner, erklärt: "In der Stadtgemeinde lassen wir am Karfreitag alles wie bisher. Alle Mitarbeiter der Stadt haben am Karfreitag frei – ohne dafür einen Urlaubstag aufzuwenden zu müssen. Das ist seit Jahrzehnten so und wird auch so bleiben", verkündete Steiner via Aussendung.

So argumentiert auch die Stadtgemeinde Mödling, die laut ihrem Bürgermeister 310 Mitarbeiter beschäftigt, darunter etwa 20 Protestanten. Diese sollen demnach künftig am Karfreitag Sonderurlaub bekommen. "Ich denke, alle Unternehmen könnten unserem Beispiel folgen, dann würden wir uns viele Diskussionen ersparen", wurde der Bürgermeister von der NÖN zitiert. Noch deutlicher wurde er in der "Kronen Zeitung": "Ich halte die Lösung der Bundesregierung für beschämend. In der Stadtgemeinde Mödling lassen wir am Karfreitag alles wie bisher."

ÖVP Burgenland steht zur Bundesregierung

Die burgenländische ÖVP fühlte sich daraufhin bemüßigt, zu betonen, dass sie hinter der Karfreitag-Lösung der türkis-blauen Bundesregierung stehe. Man plädiert jedoch dafür, dass bestehende "besserstellende, EU-konforme Vereinbarungen" erhalten. Niemand habe mit dem Urteil eine Freude, die Regierung habe rasch handeln müssen, habe dies auch getan und einen Kompromiss gefunden. Betriebsvereinbarungen oder Erlässe im öffentlichen Dienst, die allen Mitarbeitern bereits einen halben oder ganzen freien Tag gewähren, sollten bestehen bleiben. "Eine derartige Regelung gibt es auch seit Jahrzehnten in der Landeshauptstadt", wurde festgehalten.

Die Landes-SPÖ warf VP-Landesparteichef Thomas Steiner prompt vor, "fadenscheinig" zu agieren und forderte erneut einen Feiertag für alle. Landesgeschäftsführer Christian Dax in einer Aussendung: "Wenn die ÖVP Burgenland wirklich hinter den evangelischen Christen und auf Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stehen würde, hätten die drei Nationalräte gegen diese unfaire Regelung stimmen müssen."

Bundespartei kritisiert Aktion

Die Bundespartei konterte, den protestantischen Gemeindebediensteten am Karfreitag freizugeben, wäre gleichheitswidrig.

Es sei gut und erfreulich, wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern zusätzliche freie Tage oder kürzere Dienste gewähren wie zum Beispiel zu Weihnachten, Silvester oder am Karfreitag. Durch die Entscheidung des Europäische Gerichtshof müssten solche Regelungen jedoch für alle Mitarbeiter gelten und dürfen nicht auf eine Religionsgruppe beschränkt sein, betonten Klubobmann August Wöginger und Generalsekretär Karl Nehammer in einer Aussendung.

Tatsächlich nehmen Beamte in der Sache ohnehin eine Sonderstellung ein. Bundesbedienstete dürfen laut einem Ministerratsbeschluss aus dem Jahr 1963- unabhängig von ihrem Religionsbekenntnis – an diesem Tag zu Mittag nach Hause gehen. In manchen Gemeinden sind Beamte am Karfreitag ebenfalls freigestellt. H.C Strache, der im Vorjahr seinen Mitarbeitern ebenfalls freigegeben hat, rückt dennoch zur Verteidigung der Karfreitagslösung aus. Im Interview mit Österreich sagt der FPÖ-Vizekanzler, sie sei nötig gewesen, um einen muslimischen Feiertag zu verhindern.

"Gut bedient"

Auch FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz verteidigte die Streichung des Feiertags für Evangelische und sieht die Arbeitnehmer mit dem "persönlichen Feiertag", der ein Urlaubtag ist, gut bedient. "Kein Arbeitnehmer braucht eine Bevormundung durch die AK, den ÖGB oder die SPÖ."

"Versprechen gebrochen"

Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker sieht das naturgemäß anders. Er geht in einem Brief an die Pfarrgemeinden mit der Karfreitags-Regelung ins Gericht. Es wurde "einseitig den Interessen der Wirtschaft gefolgt – und ein öffentliches Versprechen gebrochen", schreibt er darin. Gegenüber allen Beteuerungen sei den Evangelischen der Karfreitag als Feiertag genommen worden.

Bünker nimmt in seinem Brief auch "einige Klarstellungen" vor: Die Evangelischen Kirche habe an praktikable Lösungen vorgeschlagen. Die Variante eines "halben" Feiertags wäre ein "unzumutbarer Eingriff in die Religionsausübungsrechte" gewesen, hätte "im schlimmsten Fall die gewachsene Gottesdienstkultur zerschlagen".

In den 'Verhandlungen' hätten die seitens der Evangelischen vorgebrachten Lösungsvorschläge keinen Raum bekommen "Somit konnte nur das Schlimmste verhindert werden: dass evangelische Familien nicht mehr gemeinsam am Karfreitag Vormittag Gottesdienst haben können." Die "für uns inakzeptable Lösung" sei damit vom Tisch gewesen – "Das hat bei mir zunächst Erleichterung ausgelöst", erklärte Bünker.

"Persönlicher Feiertag"

Beim "persönlichen Feiertag" könne von einer "Einigung" zwischen Regierung und Evangelischer Kirche "nicht die Rede sein". Sein Versuch, die positiven Aspekte herauszustreichen, sei gründlich misslungen: "Dass dieser unglückliche Versuch als positive Zustimmung zum Gesamtergebnis gedeutet werden konnte, schmerzt mich sehr und tut mir leid." Den Evangelischen werde nun ein bisher freier Tag genommen. "Das wirft ein Licht darauf, wie mit den Interessen religiöser Minderheiten in Österreich derzeit umgegangen wird."

Wie berichtet, sieht die neue Karfreitagsregelung vor: Wer freihaben will, muss einen Urlaubstag nehmen. Der Todestag Jesu ist damit für Evangelische, Altkatholiken und Methodisten kein gesetzlicher Feiertag mehr, und zwar schon heuer (19. April). Damit Betroffene den Tag dennoch ungestört zelebrieren können, wird ein allgemeiner "persönlicher Feiertag" eingeführt. Es kann somit nach eigenem Ermessen ein Urlaubstag genommen werden. (red, 3.3.2019)