Nach den Überfällen auf gleich zwei Ebola-Behandlungszentren der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen im Lauf der vergangenen Woche hat das medizinische Hilfswerk jetzt seine Tätigkeit in den betroffenen Gebieten im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRC) zumindest vorübergehend eingestellt. "Für uns ist es sehr schmerzhaft, die Patienten, ihre Familien und andere Mitglieder der lokalen Bevölkerung während dieser kritischen Phase im Stich lassen zu müssen", sagte Hugues Robert, Leiter der Notfallabteilung in der Genfer Zentrale der Organisation: "Angesichts der beiden gewalttätigen Vorfälle sehen wir jedoch keine andere Wahl."

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In der Stadt Katwa im Kongo an der Grenze zu Uganda wurde ein medizinisches Zentrum in Brand gesetzt.
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Unbekannte hatten sowohl im Städtchen Katwa an der Grenze zu Uganda wie in der Millionen-Stadt Butembo die Behandlungszentren der Ärzte ohne Grenzen angezündet und Dutzende von Patienten, deren Angehörige und das Behandlungspersonal in die Flucht geschlagen. Dabei wurde in Katwa der Bruder eines Ebola-Patienten getötet, während in Butembo 57 Patienten sowie das Personal der medizinischen Einrichtung mit dem Schrecken davon kamen. Die beiden Zentren wurden vom Feuer teilweise zerstört, in Butembo setzten die Angreifer offenbar auch Schusswaffen ein.

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Angesichts der beiden gewalttätigen Vorfälle habe man "keine andere Wahl", als die Tätigkeit im Kongo vorübergehend einzustellen.
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Über die Identität der Täter ist bislang nichts bekannt. Experten zufolge könnte es sich sowohl um Mitglieder einer der zahlreichen in der Region aktiven Rebellentruppe handeln – oder um Zivilisten, die der Tätigkeit der Hilfsorganisationen misstrauen. "Wir wissen, dass es die Akteure im Kampf gegen Ebola – die Ärzte ohne Grenzen eingeschlossen – nicht geschafft haben, das Vertrauen eines entscheidenden Teils der Bevölkerung zu gewinnen", sagte Meinie Nicolai, Generaldirektorin des belgischen Landesverbands der Organisation, die weltweit unter ihrem französischen Namen Médecins sans Frontières (MSF) bekannt ist.

In den vergangenen Monaten war es bereits wiederholt zu vereinzelten Angriffen auf Hilfskräfte gekommen, denen vorgeworfen wurde, das Geschäft der unbeliebten kongolesischen Regierung zu betreiben. Viele Bewohner der seit Jahrzehnten von Unruhen heimgesuchten Region sind der Überzeugung, dass es sich bei der seit sieben Monaten anhaltenden Ebola-Seuche um eine Erfindung der Regierung handelt, die die Bevölkerung in Angst versetzen wolle.

Beim bislang verheerendsten Ausbruch der Seuche auf kongolesischem Boden kamen bereits mehr als 550 Menschen ums Leben, fast 900 Kongolesen sind von dem Virus angesteckt worden.
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Beim bislang verheerendsten Ausbruch der Seuche auf kongolesischem Boden kamen bereits mehr als 550 Menschen ums Leben, fast 900 Kongolesen sind von dem Virus angesteckt worden. Die Epidemie breitet sich inzwischen auf 19 Gesundheitsbezirke aus: Ihr Übergriff auf die nahe gelegenen Nachbarländer Uganda oder Ruanda scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.

Zwar wurde schon mehr als 80.000 Menschen ein hochwirksamer Impfstoff injiziert. Doch noch immer vermochten die Seuchenbekämpfer – neben der kongolesischen Regierung auch die Weltgesundheitsorganisation WHO, das Kinderhilfswerk Unicef und zahlreiche private Hilfswerke wie MSF – die Epidemie nicht unter Kontrolle zu bekommen. Kopfzerbrechen macht den Epidemiologen vor allem der Umstand, dass viele der Neuinfizierten nicht mit bereits bekannten Infektionsfällen in Verbindung gebracht werden können.

Politische Spannungen

Ärzte ohne Grenzen zufolge haben sich die Spannungen zwischen der Bevölkerung und den Seuchenbekämpfern nach den Wahlen im Kongo Anfang dieses Jahres noch verschärft. Die der Regierung nahe stehende Wahlkommission hatte den Urnengang in Teilen der Nord-Kivu-Provinz mit der Begründung ausgesetzt, eine Abstimmung sei unter solchen Bedingungen zu gefährlich. Doch die Bevölkerung sah darin den Versuch Kinshasas, die Wahlstimmen in den oppositionellen Hochburgen zu unterdrücken. "Es gibt hier sehr viele Menschen, die denken, dass es Ebola gar nicht gibt", sagt Eva Erlach vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK): "Sie glauben, dass es sich um einen Trick der Regierung zur Aussetzung der Wahl oder um Geldmacherei der humanitären Organisationen handelt."

Für Aufregung sorgte jüngst auch ein Bericht von Hilfswerken, in dem kongolesischen Gesundheitskräften vorgeworfen wurde, die Impfung von Frauen von sexuellen Gefälligkeiten abhängig zu machen. Die Nord-Kivu-Provinz habe eine lange Geschichte des sexuellen Missbrauchs von Frauen, sagte Trina Helderman von der Hilfsorganisation Medair: Die Seuchenbekämpfer hätten das wissen und vorbeugen müssen. (Johannes Dieterich, 4.3.2019)