Flum: "Ich bin jetzt seit 20 Jahren in Funktion und ich sage seit Jahr und Tag‚ lasst uns Berufssportler auch als solche behandeln! Wenn Sie in ihrem Beruf betrügen, landen Sie relativ schnell im Knast."

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STANDARD: Nach zwei Langläufern haben auch zwei österreichische Radprofis Blutdoping eingestanden. Gab es im Radsportverband, den Sie präsidieren, Versäumnisse?

Flum: Wir als Verband können nicht mehr tun, als wir getan haben. Wir haben eine Null-Toleranz-Politik durchgezogen, unabhängig von Rang und Namen. Bei uns werden Sie keinen in Funktion finden, der wegen Dopings gesperrt war.

STANDARD: Im Gegensatz zum Skiverband ÖSV, der etwa einen ehemaligen, wegen Dopings gesperrt gewesenen Langläufer, im Kader der Skibergsteiger führt? Was unterscheidet den Radsportverband vom Skiverband?

Flum: Wir sind nicht wie der ÖSV Arbeitgeber der Sportler. Der Skiverband ist eher mit einem Radprofiteam zu vergleichen. Die Arbeitgeber sind die Radteams. Wir nominieren lediglich Sportler, die für Österreich an internationale Konkurrenzen wie Weltmeisterschaften oder Olympia teilnehmen.

STANDARD: Auch, wenn Sie Dopingsperren abgesessen haben?

Flum: Nein, Lizenzen, um für ein Team fahren zu können, könnten wir kaum verweigern. Aber ich muss ihn nicht für Österreich bei einem Großereignis starten lassen. Das ist halt eine sehr stumpfe Waffe. Wir haben auch keine Funktionäre mit Dopingvergangenheit im Verband.

STANDARD: Ist der Weltradsportverband UCI da auch unverdächtig?

Flum: Die UCI muss sich zweifellos endlich von den Ewiggestrigen verabschieden. Und es kann auch nicht sein, dass ein ehemals wegen Dopings gesperrter Sportler heute eine Mannschaft führt. Das ist fast so, als ließe ich einen Pädophilen einen Kindergarten leiten.

STANDARD: Wie könnte man der Plage Doping am ehesten Herr werden?

Flum: Ich bin jetzt seit 20 Jahren in Funktion und ich sage seit Jahr und Tag‚ lasst uns Berufssportler auch als solche behandeln! Wenn Sie in ihrem Beruf betrügen, landen Sie relativ schnell im Knast. Ich verstehe nicht, dass es dafür in Sachen Doping nicht die Mittel gibt oder warum die bestehende Gesetzeslage nicht konsequent exekutiert wird. Wenn es noch immer eher wie ein Kavaliersdelikt behandelt wird, wird sich nichts ändern. Wenn es etwas gibt, wird es nicht ordentlich ausgeschöpft.

STANDARD: Theoretisch sind Dopingsünder mit bis zu drei Jahren Haft wegen Sportbetrugs bedroht. Reicht das nicht?

Flum: Ich bin kein Jurist, wir sollen auch nicht das Land sein, in den man jeden Sportler einsperrt. Aber kennen Sie einen einzigen Sportler, der wegen Dopings ins Gefängnis gegangen ist?

STANDARD: Nein...

Flum: Eben, aber in der Wirtschaft wirst du in vergleichbaren Fällen zu Arrest verurteilt. Im Sport bleibt der Betrug ohne solche Folgen. Aber es geht ja nicht nur um die Wirtschaft, es geht auch um unsere Gesellschaft. Außer, es zählt der am meisten, der der größte Schlawiner ist. Wir haben natürlich auch das Problem, dass diese Materie EU-weit gelöst werden muss. Länder, die das bei Weitem nicht so scharf wie wir – zumindest in der Theorie – geregelt haben, lachen, zeigen mit Fingern auf uns. Es muss in diesem Zusammenhang an der europäischen Basis ordentlich gearbeitet werden.

STANDARD: Wird im ÖSV gut gearbeitet? Reicht es, wenn man einer Sparte Geld wegnimmt und einen Sportdirektor schasst?

Flum: Der Schröcksnadel ist halt sehr emotional, aber ich glaube, er macht auch einen guten Job. Und dem Gandler, der jetzt gehen muss, muss ich recht geben, wenn er sich darüber aufregt, dass das Internationale Olympische Komitee Russland trotz allem einfach begnadigt. Andererseits ist es schon so, dass wir sehr genau schauen, wenn ein Sportler bei einer unserer Veranstaltungen überraschend gut ist. Dann zahlen wir viel für zusätzliche Kontrollen.

STANDARD: Trotz aller Kontrollen konnte der verhaftete Erfurter Mediziner offenbar viele Jahre seinen Geschäften nachgehen. Wie lässt sich das erklären?

Flum: Bernhard Kohl hat seinerzeit nach seinem Auffliegen den Namen dieses Arztes genannt. Wann war das, vor elf, zwölf Jahren? Wie kann es sein, dass es so lange dauert, bis dem etwas passiert? Kohl hat sich richtig verhalten. Er hat reinen Tisch gemacht, sich neu orientiert und eine neue Existenz aufgebaut. Das würde ich jenen, die jetzt erwischt wurden, dringend raten. (Sigi Lützow, 4.3.2019)