Nicht immer ist der Familienalltag so harmonisch: Man kann seinen Partner auch nicht dazu zwingen, die Hälfte der Kinderbetreuungsaufgaben oder der Hausarbeit zu übernehmen.

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Carmen Thornton ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Trennungen und Scheidungen sowie Obsorge- und Unterhaltsverfahren. Auf derStandard.at/Familie beantwortet sie rechtliche Fragen bezüglich des Familienlebens.

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Fast 20 Jahre ist es nun her, dass der Gesetzgeber in Österreich für Ehepaare das sogenannte Halbe-halbe-Prinzip eingeführt hat. Vorausgegangen war dem eine jahrelange Kampagne der damaligen Frauenministerin Helga Konrad, mit der unter dem Slogan "Ganze Männer machen halbe-halbe" eine faire Aufteilung zwischen bezahlter Erwerbsarbeit und unbezahlter Hausarbeit erreicht werden sollte. Seit 1. Jänner 2000 sieht das Gesetz vor, dass die Ehegatten ihre eheliche Lebensgemeinschaft, besonders die Haushaltsführung, die Erwerbstätigkeit und die Kindererziehung unter Rücksichtnahme aufeinander und auf das Wohl der Kinder "mit dem Ziel voller Ausgewogenheit ihrer Beiträge" einvernehmlich gestalten sollen.

Kinder- und Haushaltsarbeit einvernehmlich aufteilen

Das Halbe-halbe-Prinzip bedeutet aber nicht, dass jeder Partner in allen Bereichen (Erwerbstätigkeit, Haushaltsführung, Kinderbetreuung) exakt denselben Beitrag leisten muss. Die Ehegatten sollen die Aufgaben ausgewogen verteilen und sich nach ihren persönlichen Verhältnissen und der beruflichen Belastung an der Haushaltsführung beteiligen. Geht ein Ehegatte keiner Erwerbstätigkeit nach, ist er für die Haushaltsführung zuständig, der andere ist aber zur Mithilfe verpflichtet.

Auch der berufstätige Elternteil muss sich die Arbeit daher so einteilen, dass ausreichend Zeit für die Familie bleibt. Obwohl sich die gesellschaftliche Rollenverteilung mittlerweile geändert hat und die traditionelle Hausfrauenehe nicht mehr der Regelfall ist, hinkt die Realität dem Anspruch immer noch hinterher.

Streitpunkte

In den meisten Fällen ist ein Elternteil voll berufstätig, während der andere Teil (im Regelfall die Frau) einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht und sich überwiegend um die Kinderbetreuung und den Haushalt kümmert. Die Aufgabenverteilung in der Familie ist auch einer der häufigsten Streitpunkte in einer Ehe, weil es aufgrund des unzureichenden Kinderbetreuungsangebots nach wie vor kaum möglich ist, dass beide Partner einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen.

Wenn der hauptbetreuende Elternteil wieder voll ins Berufsleben einsteigen möchte, der andere jedoch nicht dazu bereit ist, beruflich zurückzustecken, stoßen viele Ehen an ihre Grenzen. Obwohl die Ehegatten die Lebensführung einvernehmlich gestalten sollen, darf ein Partner von einer einvernehmlich festgelegten Rollenverteilung wieder abgehen, sofern dem nicht überwiegende Interessen des anderen oder der Kinder entgegenstehen.

Vor allem der Wunsch des betreuenden Elternteiles, wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, rechtfertigt in der Regel eine einseitige Änderung der Aufgabenverteilung. Selbst wenn sich die Ehepartner einmal darauf geeinigt haben, dass sich ein Teil hauptsächlich um den Haushalt und die Kinderbetreuung kümmert, darf der betreuende Elternteil daher grundsätzlich gegen den Willen des anderen wieder einer Berufstätigkeit nachgehen und auch verlangen, dass der andere zusätzliche Aufgaben im Haushalt übernimmt.

Kann man seinen Partner zur Beteiligung zwingen?

Es ist aber nicht möglich, eine bestimmte Aufgabenverteilung gerichtlich durchzusetzen, weil die Gestaltung der Lebensführung den höchstpersönlichen Lebensbereich der Ehegatten betrifft. Man kann seinen Partner also nicht dazu zwingen, die Hälfte der Kinderbetreuungsaufgaben oder der Hausarbeit zu übernehmen. Ganz ohne Folgen ist eine Verletzung der Mitwirkungspflichten trotzdem nicht. Es handelt sich dabei nämlich um eine Eheverfehlung.

Die grundlose Ablehnung von Gestaltungswünschen des anderen oder die Weigerung eines Ehepartners, sich am Haushalt oder der Kindererziehung zu beteiligen, kann daher einen Scheidungsgrund darstellen. Da die Ehegatten gesetzlich dazu verpflichtet sind, ihre Lebensgemeinschaft einvernehmlich zu gestalten, kann selbst die Weigerung, sich um eine Einigung zu bemühen, in einem Scheidungsverfahren als Eheverfehlung gewertet werden. (Carmen Thornton, 5.3.2019)