Josef Kellner und Jasmin Wieland haben in Zaußenberg am Wagram das Restaurant Josefs Himmelreich eröffnet.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Minutiös geröstete Erdäpfel, kombiniert mit nur zart rauchigen Speckpartikeln, Sauerrahm und dem einen oder anderen, wie Glas splitternden Erdäpfelchip, werden bei Tisch mit einer gemeingefährlich zarten Erdäpfelcremesuppe umgossen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Zaußenberg ist ein abseits der großen Straßen gelegenes, kleines Dorf bei Königsbrunn am Wagram. Seit vergangener Woche gibt es hier das kleine, feine Restaurant des erst 26 Jahre alten Kochs Josef Kellner und seiner Lebensgefährtin Jasmin Wieland.

Das aufmerksam renovierte Bauernhaus gehört Josef Fritz, dessen Gut gleich nebenan liegt. Der renommierte Winzer hat es mit traditionellen Materialien und erheblichem Aufwand (Lehmputz!) herrichten lassen und mit dem jungen Koch, der zuletzt als Sous-Chef im Lungauer Dreihaubenklassiker Mesnerhaus zugange war, einen kongenialen Pächter gefunden.

Kellner stammt aus dem Tullnerfeld, seine Idee eines kaum mehr als 20 Sitzplätze umfassenden Lokals, in dem ausschließlich mehrgängige Menüs, ausschließlich auf Reservierung geboten werden, traf hier auf die passende Lokalität und einen Besitzer, dem genau so etwas vorgeschwebt war. Fritz keltert einige der besten Weine des Wagram, seine vielgerühmten Roten Veltliner bilden das Terroir mit Finesse ab – und kommen mit Glutsommern vergleichsweise gut zurecht.

Nur Menüs

Offenbar war mit dem Erfolg die Lust auf ein gastronomisches Spielbein gewachsen, wie es sich andere renommierte Kollegen mit Erfolg leisten. Als gutbürgerliches Ausflugsgasthaus, in das man auch nach einem Spaziergang ein, zwei, drei Gänge ordern kann, wollen sich Josef und Jasmin aber explizit nicht positionieren: Hier gibt es nur mehr oder weniger große Menüs, idealerweise samt Weinbegleitung aus dem gutseigenen Keller.

Der Frühling gebärdet sich dieser Tage schon recht frühreif, die Dringlichkeit mehr oder weniger geplanter Ausfahrten ins allerorten knospende Grüne steigt – mit ein bissl Glück könnte sich bald schon ein Essen im Garten ausgehen. Der sonnige Innenhof von Josefs Himmelreich ist jedenfalls bereit.

Drinnen sitzt es sich aber auch schön, am Boden aus Sollnhofer Platten, die Tische aus massiver Eiche, alles Flüssige (bis hin zum Zillertaler Pils) ausschließlich in Zalto-Gläsern funkelnd. Ein Gemüsegarten ist hinterm Haus bereits angelegt, weiteres Grünzeug wird Kellners Familie auf einem nahen Acker ziehen, die Regionalität von Fleisch (Boa Beef) und Fisch (Wagramforellen aus Eggendorf) ist dem – noch – aktuellen Trend-Dogma folgend ebenso sichergestellt.

Kompromisslos gebuttert

Vor allem aber hat Josef Kellner eine wirklich gute, sensible Hand in der Küche. Ein einzelner, prachtvoll gegrillter Champignon auf kompromisslos gebuttertem Steinpilzpüree macht den Gruß aus der Küche.

In Rotkrautsaft und Gewürzen gebeizte Forelle ist von seidiger, fast cremiger Konsistenz, dazu gibt es Quinoa und zart fermentiertes Kraut, tadellos. Minutiös geröstete Erdäpfel, kombiniert mit nur zart rauchigen Speckpartikeln, Sauerrahm und dem einen oder anderen, wie Glas splitternden Erdäpfelchip, werden bei Tisch mit einer gemeingefährlich zarten Erdäpfelcremesuppe umgossen (siehe Bild), ein ziemlicher Höhepunkt des Abends: Wie Kellner hier aus denkbar bescheidenen Zutaten ein kraftvolles Erlebnis schafft, das zeugt schon von Klasse.

Auch sehr gut: ein Raviolo aus Rote-Rüben-Pastateig, gefüllt mit geschmorter Wachtel, dazu eingelegte Schalotten und nussiges Knusperzeug – schmiegt sich mit lässiger Eleganz an den Roten Veltliner Steinberg Privat aus der Weinbegleitung.

Geschmortes Boa-Beef ist, wie nicht anders zu erwarten, von definitiver aromatischer Tiefe, der Schmorsaft dunkel, fast schwarz, reduziert und doch leichtfüßig, sehr gut. Dass ein siaßlertes Karottenpüree (?) mit Croutons dazu kein würdiger Begleiter sein kann, sieht Kellner mutmaßlich auch selbst so – wer fast allein in der Küche steht, muss aber auch als bestens ausgebildeter Koch Kompromisse machen. (Severin Corti, RONDO, 8.3.2019)

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