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Hillary Clinton im Wahlkampfmodus wird es nicht mehr geben – und wenn, dann nicht in eigener Sache.

Foto: REUTERS/Chris Aluka Berry

Am Sonntag war sie noch in Selma gewesen, in der Kleinstadt in Alabama, in der schwarze Bürgerrechtler am "Blutigen Sonntag" vor 54 Jahren von Polizisten inmitten beißender Tränengaswolken niedergeknüppelt wurden. Arm in Arm mit Cory Booker, einem afroamerikanischen Senator, der fürs Weiße Haus kandidiert, ging sie über die Edmund Pettus Bridge, die Brücke, an deren Ende die State Troopers den Marschierenden damals den Weg versperrten.

Und natürlich stand sie sofort im Mittelpunkt. Es schien, als wollte sich Hillary Clinton zurückmelden in der Öffentlichkeit, nachdem es eine Weile ziemlich still um sie geworden war. Als wäre sie drauf und dran, ihre Bewerbung fürs Oval Office zu verkünden.

Kaum zurückgekehrt von ihrer Reise in den Süden, tat sie das Gegenteil. "Ich trete nicht an", sagte sie dem New Yorker Fernsehsender News 12. "Aber ich werde weiter für das arbeiten, für das werben, für das stehen, was ich für richtig halte."

Schluss mit Spekulationen

Damit ist es beendet, das Rätselraten um die Zukunft einer Politikerin, an der sich die Geister scheiden. Die einen sehen in ihr eine Wegbereiterin, der es um ein Haar gelungen wäre, jene letzte Glasdecke zu zerschmettern, von der sie so oft sprach, und die erste Präsidentin in der Geschichte der Vereinigten Staaten zu werden. Für andere ist sie eher ein Klotz am Bein der Partei, ein Auslaufmodell, das nicht mehr in die Zeit passt. In jedem Fall geht mit ihrer Absage eine Ära zu Ende, ohne dass es so bald einen Comeback-Versuch gäbe.

Die Rede ist von der Ära, in der das Ehepaar Bill und Hillary Clinton die Richtung bei den Demokraten bestimmte – oder zumindest wesentlich mitbestimmte. Von einer Zeit, in der die Partei eine Hinwendung zur politischen Mitte vollzog, die aus Sicht des erstarkten linken Flügels dringend korrigiert werden muss. Gesetze, die der Präsident Clinton einst unterschrieb, Kompromisse mit den Konservativen eingehend, stehen in den Augen der Linken für einen Irrweg.

Vor allem gilt das für eine Reform des Strafrechts, die dem Grundsatz folgte, schon kleinere Vergehen mit großer Härte zu ahnden – und die Amerikas Gefängnisse noch immer aus allen Nähten platzen lässt. Die heutige Skepsis gegenüber der Marke Clinton, sie hat mit der Vorgeschichte der Neunziger ebenso zu tun wie mit der verlorenen Wahl des Jahres 2016.

Viele Sticheleien

"Hillary Clinton hat sich mit dem unbeliebtesten Kandidaten in diesem Land duelliert und dennoch verloren", streute der Senator Bernie Sanders schon vor geraumer Zeit Salz in die Wunde, auf die Niederlage gegen Donald Trump anspielend. Amy Klobuchar, wie die ehemalige First Lady, Senatorin und Außenministerin eine Pragmatikerin des Zentrums, begann ihren Wahlkampf demonstrativ in einer Kleinstadt in Wisconsin. Sie fange hier an, weil es, wie man vielleicht noch wisse, 2016 nicht allzu viele Kandidatenauftritte in Wisconsin gegeben habe, stichelte Klobuchar.

Im Herbst vor fast drei Jahren hatte Clinton den Bundesstaat im Norden der USA kein einziges Mal besucht, weil sie glaubte, ihn als traditionelle Hochburg der Demokraten für sich gepachtet zu haben. Dass Trump auch in Wisconsin gewann, schockierte ihre Berater mindestens so sehr wie die Schlappe in Michigan und Pennsylvania, symbolisierte es doch die Distanz, auf die frühere Stammwähler zur Parteielite gegangen waren.

Aus Fehlern lernen

Den Fehler will man auf keinen Fall wiederholen, und weil alte Gesichter nicht unbedingt für Lerneffekte sprechen, rieten auch alte Freunde der 71-Jährigen zum Personalwechsel. "Ich liebe die Clintons, aber hier geht es um die Zukunft", sagte Terry McAuliffe, der Ex-Gouverneur Virginias, der zum Kreis der engsten Vertrauten um das Paar zählt.

Man kann also nicht behaupten, dass die Nicht-Kandidatin ihr Umfeld überraschte mit ihrem Verzicht. Obwohl sie, kurz vor dem Kongressvotum im November, aus ihren Ambitionen kein Hehl gemacht hatte. "Nun, ich wäre gern Präsidentin", erklärte sie im 92Y, einem Club in Manhattan. Trump habe Freunde wie Feinde verwirrt, keiner wisse mehr, wofür Amerika eigentlich stehe. "Also, die Arbeit, die zu leisten sein wird, ist eine Arbeit, für die ich sehr gut gerüstet wäre, nachdem ich acht Jahre im Senat verbracht habe und dann Diplomatin im State Department war." Es klang, als wollte sie es noch einmal wissen.

Auch Bloomberg ohne Kandidatur

Der Medienunternehmer Michael Bloomberg wird ebenfalls nicht für die US-Demokraten ins Rennen um das Weiße Haus gehen. Das kündigte der Milliardär, einer der reichsten Männer der Welt, am Dienstag an. "Ich glaube, ich würde Donald Trump schlagen", heißt es in einer von Bloomberg im Internet verbreiteten Stellungnahme. "Aber ich habe einen klaren Blick dafür, dass es schwierig ist, in einem solch großen Feld der Demokraten die Nominierung zu schaffen."

Anstelle einer Kandidatur will Bloomberg, einst Bürgermeister von New York, seine Bemühungen verstärken, die Energieversorgung unabhängig von Öl, Gas und Kohle zu machen. Außerdem wolle er die Wiederwahl Trumps verhindern, erklärte der 77-Jährige, auf den nicht wenige Anhänger der Demokraten ihre Hoffnungen für die Wahl 2020 gesetzt hatten.

Trump eine Gefahr fürs Land

"Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich Donald Trump für eine Gefahr für unser Land halte", heißt es in der Stellungnahme Bloombergs. Der selbst ernannte Zentrist nahm auch Trumps Republikaner in die Verantwortung. "Die Republikaner im Kongress erfüllen nicht ihre verfassungsgemäße Pflicht, den Präsidenten zur Rechenschaft zu ziehen."

Einem Bericht der "Washington Post" zufolge hatte Bloomberg bereits weitreichende Vorbereitungen für eine mögliche Bewerbung getroffen. So soll er schon Büroflächen für ein Wahlkampf-Hauptquartier in New York ins Auge gefasst haben. Außerdem habe er intensiv Umfragen erstellen und Wahlkampfhelfer anwerben lassen.

Das große Bewerberfeld der Demokraten könnte nach Meinung von Experten zur Gefahr für die Partei werden, falls es zu langen Auseinandersetzungen unter den vielen Kandidaten kommen sollte. Parteiinterne Gefechte zehren Ressourcen auf und helfen in der Regel dem Gegenkandidaten. (Frank Herrmann, red 5.3.2019)