Die realitätsnahe Simulation zeigt: Was man als Lärm wahrnimmt, ist in Wahrheit eine Kombination zahlreicher Einzelgeräusche.

Illustr.: Empa

Dübendorf – Werden neue Bahngeleise in der Nähe von Wohngebieten verlegt oder umgekehrt Häuser im Umfeld von Schienensträngen errichtet, hat die Frage nach der erwartbaren Lärmbelästigung für die Anrainer große Bedeutung. Ein nun von Schweizer Wissenschaftern entwickeltes Computerprogramm liefert dafür künftig wertvollen Input. Die Experten der Empa-Abteilung für Akustik und Lärmminderung in Dübendorf können damit den Lärm von Zügen realitätsnahe simulieren. Das System könnte helfen, Züge und Schienen so zu optimieren, dass Nachbarn von Bahngeleisen in Zukunft ruhiger schlafen.

Das Team hat die Lärmsimulation in einem Horizon2020-Projekt der Europäischen Union entwickelt. Das System wurde bereits an der InnoTrans in Berlin, der weltweit größten Messe für Verkehrstechnik, vorgestellt.

Optimierte Verkehrswege

Vor allem in der Nähe von Wohngebieten sorgten Züge regelmäßig für schlaflose Nächte. Umso wichtiger sei es, Züge und Schienen so zu optimieren, dass Geräusche gedämmt werden. Die Forschungsergebnisse könnten für Schienenfahrzeughersteller und Bahnbetreiber interessant sein, sagte Empa-Forscher Reto Pieren.

Bahnlärm bestehe aus über 100 Bestandteilen, erklärte Pieren, der die Simulation programmiert hat. "Die Räder, die Schienen, die Lüftung, der Motor – alles erzeugt Geräusche und verursacht als Ganzes dann die Lärmemissionen des Zuges." Für alle Lärmquellen galt es Algorithmen zu entwickeln.

Virtuell aufgedröselter Lärm

Mit der im Fachjournal "Applied Acoustics" präsentierten Simulation kann der Lärm eines fahrenden Zuges als Ganzes hörbar gemacht werden, es lassen sich aber auch nur einzelne Lärmkomponenten virtuell auf Kopfhörer schalten. Integriert sind auch Bremsgeräusche und Umwelteinflüsse, wie Lärmschutzwände, Fahrgeschwindigkeit, Zustand der Geleise oder Außentemperatur.

Die Lärmsimulation soll in Zukunft helfen, wichtige Entscheidungen beim Bau und dem Ausbau von Bahnlinien und Zügen zu treffen. "Davon profitieren langfristig Bahnbetreiber, Planer und vor allem die Anwohner", schreiben die Wissenschafter.

Noch nicht vollständig erforscht ist laut Reto Pieren das Quietschen von Zügen, etwa in Kurven. Mit diesem Problem sah sich zuletzt beispielsweise die Appenzeller Bahn konfrontiert. Könnte da die Empa-Simulation Abhilfe schaffen? "Leider nein", bedauerte der Empa-Spezialist für Akustik. (red, APA, 10.3.2019)