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Wien – Für den Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern braucht es eine vertiefte Zusammenarbeit über ideologische Grenzen hinweg und mehr finanzielle Mittel für langfristige Maßnahmen. Darin waren sich die an einer internationalen Konferenz zur Prävention gegen Gewalt an Frauen teilnehmenden ExpertInnen am Dienstag in Wien einig. Derzeit erfahren von Gewalt betroffene Frauen zumeist nur kurzfristige Hilfe.

Laut Rosa Logar, Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie, kann mit den gegenwärtigen Mitteln nur "Feuerwehrarbeit" geleistet werden. 5.800 zu betreuende Frauen pro Jahr wären einfach zu viel für die Interventionsstelle. "Wir brennen aus", beklagte Logar und betonte, dass auch die von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder darunter leiden würden. Schließlich könnten pro Frau nur fünf bis sechs Stunden an Hilfsarbeit aufgewendet werden. Um deren Probleme zu lösen, brauche es jedoch weit mehr Zeit und damit auch mehr Geld für mittel- bis langfristige Maßnahmen.

Höhere Verurteilungsquoten

Doris Bures, Zweite Nationalratspräsidentin und Mitveranstalterin der Konferenz, sah Österreich in ihrer Eröffnungsrede hinsichtlich des Gewaltschutzes für Frauen in einer Vorreiterrolle. Dennoch würden die sechs seit Jahresbeginn an Frauen verübten Morde verdeutlichen, dass die Familie für viele Frauen nicht der sichere Hort sei, der sie sein sollte. Sie forderte einen "Schulterschluss über alle ideologischen Grenzen hinweg", wobei sie vor allem eine Zusammenarbeit des Familien- und Justizministeriums als essenziell erachtete. Dadurch könnte dringend benötigter zusätzlicher Wohnraum für von Gewalt betroffene Frauen geschaffen werden und ihnen verstärkt juristische und psychosoziale Prozessbegleitung zur Verfügung gestellt werden. Eine bessere psychosoziale Ausbildung für angehende RichterInnen könnte schließlich zu einer von Bures angepeilten höheren Verurteilungsquote von Gewalttätern führen.

Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß stimmte Bures in deren Auffassung zu, dass eine Zusammenarbeit über Partei- und Ideologiegrenzen hinweg nötig sei. Eine von ihr im vergangenen Sommer eingerichtete Taskforce für Gewaltschutzmaßnahmen würde bereits in diesem Lichte operieren und hätte auch schon einen Maßnahmenkatalog erarbeitet. Ein Auszug daraus sieht eine verpflichtende Täterberatung und die Thematisierung von gewaltfreien Beziehungen an Schulen vor. Auch werde auf einem Ende März stattfindenden Gewaltschutzgipfel das Gespräch mit den Bundesländern gesucht, um die Einrichtung von bundesländerübergreifenden Gewaltschutzzentren, sowie Beratungsstellen für sexuelle Gewalt zu besprechen. Die Rufnummer der Frauenhelpline soll zudem auf drei Stellen reduziert werden.

Ökonomische Abhängigkeit als Gefahr

Die in den vergangenen 20 Jahren zum Schutz von Gewalt betroffenen Frauen in Österreich gesetzten Maßnahmen haben laut Katharina Beclin, Expertin für Kriminologie an der Universität Wien, zu mehreren positiven Entwicklungen geführt. So müsse nicht länger das Gewaltopfer, sondern der Gefährder weichen. Es werde den von Gewalt betroffenen Frauen proaktive Hilfe geboten und es könne bereits vor einem sich abzeichnenden Angriff mittels Betretungsverboten eingegriffen werden. Letzteres sei vor allem für Frauen wichtig, die keine strafrechtliche Verfolgung der Täter anstreben würden.

Negativ bewertete Beclin hingegen die oftmals vorhandene ökonomische Abhängigkeit der Frauen von ihren Partnern. Ein soziales Auffangnetz wäre dringend nötig, damit von Gewalt betroffene Frauen sich trauen würden, gegen ihre Partner vorzugehen. Für ausländische Frauen kommt laut Beclin erschwerend hinzu, dass diese oft vor Behörden zurückscheuen. Dem müsse mit einer erhöhten Diversität innerhalb der Behörden und mehr Dolmetschangeboten begegnet werden. Die Soziologin Daniela Gloor betonte, dass sich von Gewalt betroffene Frauen mit einem massiven, zeitlichen Aufwand konfrontiert sehen, wenn sie sich dazu entschließen, Hilfe zu suchen und Anzeige zu erstatten. Eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen diversen Institutionen des Hilfssystems könne dem entgegenwirken. (APA, 6.3.2019)