Alle zwei Jahre verändert sich das Bild vor den österreichischen Unis. Studierende in roten, orangefarbenen oder blauen T-Shirts stehen vor den Hochschulpforten und drücken ihnen entgegenkommenden Kommilitonen Flugblätter, Süßkram und Stifte in die Hand. Gepaart sind die Geschenke mit der Erinnerung, dass es bald wieder Zeit ist zu wählen.

Illustation: Fatih Aydogdu

Heuer ist so ein Jahr. Die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) soll bestimmt werden. Die Wahllokale öffnen zwar erst von 27. bis 29. Mai, der ÖH-Wahlkampf nimmt jedoch schon jetzt Fahrt auf. Die ersten Spitzenkandidaten wurden bereits gekürt, weitere werden in den nächsten Wochen folgen. Am Mittwoch präsentierte die ÖH ihre Kampagne.

Wenig Beteiligung

Denn nicht nur um Mandate im Studierendenparlament wird in den kommenden Monaten gekämpft, sondern auch um die Relevanz der Vertretung. "Die ÖH spricht mit deiner Stimme. Lass sie zählen", steht auf den Plakaten der Studierendenvertreter. All zu viele sind in der Vergangenheit der Aufforderung, wählen zu gehen, nämlich nicht nachkommen. Von Wahl zu Wahl zittern die Funktionäre: Wird am letzten Abstimmungstag erneut ein Minus vor der Beteiligung stehen?

Das Interesse an der Studierendenvertretung scheint zu sinken. Nicht ganz ein Viertel geht wählen. Im Jahr 2017 erreichte die Wahlbeteiligung einen Tiefpunkt: Nur 24,5 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimmen ab – die niedrigste Beteiligung in der Geschichte der ÖH.

Wenig Mitsprache

Mit allen Mitteln will die ÖH nun versuchen, das Interesse an der Wahl zu steigern – auch mit dem frühen Kampagnenstart. Das Ziel sei ein Zuwachs im höheren einstelligen Prozentbereich, sagt ÖH-Chefin Hannah Lutz (VSStÖ): "Mit weniger geben wir uns nicht zufrieden."

Für ihre Wahlberechtigten sei die ÖH offenbar "nicht von großer Relevanz", sagt Peter Hajek. Den von ÖH-Funktionären oft bemühten Verweis auf die ebenfalls niedrige Beteiligung bei Arbeiter- und Wirtschaftskammerwahlen lässt der Politologe nicht gelten. Diese Vertretungen hätten realpolitisch mehr Einflussmöglichkeiten. Die ÖH könne hingegen "effektiv wenig erreichen". Will die Regierung beispielsweise neue Zugangsregelungen einführen, kann sich die ÖH zwar querlegen, die Entscheidung wird aber ohne sie gefällt.

Warum wählen?

Den Studierenden sei oft "nicht ersichtlich, warum sie zur Wahl gehen sollen", sagt Hajek. Neben der "Zahnlosigkeit" der ÖH komme hinzu, dass das Wahlsystem zu komplex sei. Im Gegensatz zu den Nationalratswahlen muss nicht einfach nur ein Kreuz bei einer Partei gemacht werden. Drei Stimmzettel bekommen die Studierenden in der Wahlkabine. Sie können drei bis fünf Personen in die Studienvertretung wählen, eine Fraktion in ihre Hochschulvertretung und eine Stimme für die Bundesvertretung abgeben.

Letztere wird derzeit von einer linken Koalition aus Grünen und Alternativen Studierenden, dem Verband Sozialistischer Studierender und den Fachschaftslisten regiert. Im bundesweiten Studierendenparlament teilen sich neun Listen 55 Mandate. Traditionell spaltet sich ihr Wahlkampf in zwei Schwerpunkte.

Die Gretchenfrage

"Täglich grüßt das Murmeltier", sagt Hajek über den Wahlkampf. Denn während linke Fraktionen eher auf Bildungs- und Gesellschaftspolitik setzten, hätten konservativere Fraktionen den Service im Fokus.

Und was funktioniert davon besser? Darauf gebe es keine eindeutige Antwort, das hänge vom Hochschulstandort ab. Allerdings würden Fraktionen mit Forderungen, die den Alltag der Studierenden betreffen, meist besser fahren. Denn eine – zumindest vermeintliche – Betroffenheit mobilisiere. Statt sich gegen Studiengebühren auszusprechen, sei es sinnvoller, etwa auf die Finanzierung des Studiums, beispielsweise die Vereinbarkeit mit Job oder Familie, zu setzen. (Oona Kroisleitner, 6.3.2019)