Ein Manager soll die Misere beenden: Gerald Martens will die Sanierung des österreichischen Basketballs rasch angehen.

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Schwaches Niveau, kaum Perspektiven für den Nachwuchs, Zweiklassengesellschaft: Die Bundesliga (ABL) ist eine Großbaustelle.

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Wien – Der österreichische Basketball ist nicht mehr zu retten. Oder doch? Ein neuer Präsident soll im Verband (ÖBV) eine Zeitenwende einläuten. Der 52-jährige Großunternehmer und Basketballfan Gerald Martens wird ein fünfköpfiges Präsidium anführen, das am 23. März bei der ÖBV-Generalversammlung gewählt werden wird. "Das Riesenpotenzial von Basketball wird in Österreich seit Jahrzehnten nicht genutzt. Das wollen wir ändern", sagt Martens zum STANDARD.

Die Bestandsaufnahme ist ernüchternder denn je. Das Herren-Nationalteam hat keinen einzigen Sponsor mehr, lebt nur von Fördergeldern, Liga (ABL) und Verband (ÖBV) fahren ineffizient auf zwei verschiedenen Gleisen, mit Pay-TV-Partner Sky läuft der Vertrag aus, weniger Öffentlichkeitswirksamkeit ist kaum möglich. Das EM-Qualispiel Ende Februar gegen Großbritannien in Schwechat wurde mit Ausnahme einer Ankündigung auf der ÖBV-Homepage quasi nicht beworben.

Der Basketball-Background

Gerald Martens war 15 Jahre lang Vorstand der Ring International Holding, einem Mischkonzern, der Büroartikel und Industrielacke mit einem hohen dreistelligen Millionenumsatz vertreibt. Zu den Kunden der Ring International zählen klingende Namen wie Siemens, VA Tech und Bombardier. So werden Zebrastreifen oder U-Bahnen von Martens Ex-Unternehmensgruppe lackiert. Der Wiener hat zwar keine Wurzeln in der heimischen Korbszene, aber sehr wohl Basketball-Backround: 2014 akquirierte Martens mit der Ring Holding den osteuropäischen Lack-Giganten Helios, der auch ein slowenisches Basketballteam mit einem Millionenbetrag sponserte. Martens erneuerte eines der größten Basketballzentren am Balkan mit über 700 Kindern rund um Ljubljana, nannte das Profiteam Helios Suns statt Helios Domzale, wurde Meister und gründete nebenbei mit dem Alpe Adria Cup einen internationalen Wettbewerb, an dem mittlerweile sieben Länder, darunter auch Klubs aus Österreich, teilnehmen.

"In der Wirtschaft haben wir uns darauf spezialisiert, Firmen, die sich in über Jahrzehnte gewachsenen Industrien am gemeinsamen Markt bekriegt haben, zu vereinen und wieder gesund und wettbewerbsfähig zu machen", sagt Martens. Im slowenischen Basketball ist ihm aufgefallen, dass "dort viele Bürokraten auf den Funktionärsjobs gesessen sind und Dinge so gemacht haben, wie sie es immer gemacht haben. An dem System scheitert der Sport auch dort: leere Hallen, zu wenig Sponsoren und keine Verbesserung der Infrastruktur." In Österreich tritt der 69-jährige, noch amtierende ÖBV-Präsident Hubert Schreiner, in seiner aktiven Zeit Basketballtrainer in St. Pölten, nicht mehr zur Wiederwahl an, auch er sieht dringenden Handlungsbedarf und Zeit für einen Generationswechsel.

Ineffizienz wo man hinschaut

Martens Ziele: Austragung einer Vorrundengruppe der Europameisterschaft 2021 in Wien, viel mehr Medienpräsenz für die Liga durch Live-Streaming und Free-TV, Stärkung des neuen olympischen Basketball-Formats Drei gegen Drei, finanzielle Entlastung der Vereine.

Eine Zusammenführung von Verband und Liga ist seit Jahren überfällig, ÖBV und ABL haben jeweils Verantwortliche für ähnliche Bereiche wie Finanzen, Vermarktung oder Verwaltung. Von ABL-Seite ist von einer Großoperation die Rede, die ein bis zwei Jahre brauchen würde. Martens: "Eine solche Zusammenlegung geht in der Privatwirtschaft in drei bis vier Wochen über die Bühne." In Wien hat der ÖBV ein Büro und die ABL und der Wiener Basketballverband teilen sich eines. Noch. Eine Zusammenlegung an eine Geschäftsadresse ist das Ziel.

Der ÖBV bekam im Jahr 2018 auch dank einer Nachwuchs-Heim-EM Förderungen vom Weltverband (FIBA) und dem Bund von mehr als einer Million Euro. Der ÖBV ist Lizenzgeber der Bundesliga, deren Budget etwas mehr als die Hälfte des Verbands-Etats ausmacht. In dieses Budget zahlen die Vereine der ABL jeweils knapp 35.000 Euro pro Saison für die Erhaltung der Liga ein. Zum Vergleich: Die Handball-Liga Austria hat einen Etat von etwa 250.000 Euro und zahlt den Vereinen einen kleinen Betrag im Jahr aus. "Da müssen wir hin. Es kann nicht die Pflicht der Vereine sein, die Liga zu erhalten. Die sind genug damit belastet, Sponsorengelder aufzustellen und ihre wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sicher zu stellen."

Streitthema

Ein Dorn im Auge ist Gerald Martens auch die Vermarktung der Liga. "Im Basketball gibt es tausend Statistiken zu einem Spiel, wer wann von wo wirft, aber niemand misst die Vermarktung der Liga. Warum vergleicht man keine Zuschauerzahlen und Reichweiten?" Die ABL lässt sich ihre Pressearbeit viel Geld kosten und hat mit dem Ex-BZÖ-Politiker Karl Schweitzer einen Präsidenten, der nicht erst seit seiner gegen EU-Recht verstoßenen Reform der Ausländerregelung schwer in der Kritik steht. Mehrere Vereine wünschen sich die Ablöse Schweitzers.

Es besteht eine Zweiklassengesellschaft: da die durchfinanzierten Vereine, dort jene Vereine, bei denen es sich erst am Jahresende herausstellt, ob sich eine positive Bilanz ausgeht. Martens wünscht sich ein Ende der Streitereien, "der Beste muss den Schlechtesten unterstützen" und kündigt ein professionelles Management an. "Nur ein gutes Herz und Liebe zum Basketball reichen als Qualifikation nicht mehr aus. Wir brauchen Wirtschafts- und Vermarktungskompetenzen." Rechtsvorstand im Präsidium wird Haig Asenbauer, ehemaliger Do & Co-Vorstand und langjährige Rechtsanwalt von Niki Lauda. Ebenfalls neu an Bord: Finanzexperte Wolfgang Ryba. Wiens Ärztekammer-Präsident Thomas Holzgruber bleibt dem Präsidium ebenso erhalten wie Karl Winkler, Landesverbandspräsident aus Oberösterreich.

Finanzielle Unterstützung durch den Unternehmer Martens ist für den ÖBV in einem ersten Schritt durch befreundete Unternehmen geplant. Heimische Basketball-Freiplätze sollen für Drei gegen Drei Turniere mit Hilfe von Helios farblich und strukturell aufpoliert werden. Martens: "Wir wollen neu durchstarten mit dem österreichischen Basketball. Und wir werden uns nicht lange Zeit lassen." (Florian Vetter, 8.3.2019)