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Ursprünglich begann der WWF 1967 ein Rhinozeros-Projekt in Nepal. Daraus wurde der Chitwan-Nationalpark, dessen Wildhütern gewalttätige Übergriffe vorgeworfen werden.

Foto: Reuters / Navesh Chitrakar

Neun Tage nachdem Wildhüter in Nepal Shikharam Chaudhary ohne Anklage ins Gefängnis geworfen hatten, war der Bauer tot. Die Autopsie zeigte, dass er sieben gebrochene Rippen hatte sowie blaue Flecken und Verletzungen am ganzen Körper aufwies. Die Wildhüter des nepalesischen Chitwan-Nationalparks sollen ihn immer wieder geschlagen und gefoltert haben.

Der Vorwurf: Chaudhary habe das Horn eines Rhinozeros im Garten vergraben. Gefunden wurde es nie. Die Anklage gegen drei Verdächtige wurde später fallengelassen. Es habe sich um ein Unglück gehandelt. Der WWF – die weltweit größte Tierschutzorganisation – sprach in einer Aussendung von einem Sieg für den Kampf gegen Wilderei. Die Organisation unterstützt den Nationalpark und seine Wildhüter mit Geld für Waffen, Ausrüstung und Ausbildung.

Zusammenarbeit mit zum Teil diktatorischen Systemen

Journalisten des Nachrichtenportals "Buzzfeed" führten ein Jahr lang hunderte Interviews und sichteten tausende Dokumente. Diesen Recherchen zufolge soll der WWF weltweit mit zum Teil diktatorischen Systemen und Wildhütern, die immer wieder Menschenrechte verletzten, zusammengearbeitet haben. Augenzeugen berichten von Gruppenvergewaltigungen und Morden – ausgeführt von Wildhütern im Salonga-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo.

Weitere Betroffene erzählen von nächtlichen Razzien bewaffneter Ranger in den Dörfern der indigenen Baka, wobei Bewohner bedroht und geschlagen wurden. In Nepal veröffentlichte der Koordinator der Anti-Wilderei-Einsätze im Chitwan-Nationalpark, Kamal Jung Kunwar, im Jahr 2009 seine Memoiren unter dem Titel Vier Jahre für das Rhinozeros. Darin beschrieb er, wie er Verdächtigen Chilipuder in die Augen streute und Wasser in Mund und Nase schüttete, um an Informationen zu gelangen.

Unabhängiger Bericht

Der WWF reagierte auf die Enthüllungen von "Buzzfeed" schockiert und kündigte eine unabhängige Untersuchung aller Vorwürfe an. Gleichzeitig hieß es aber in einem Statement, dass man sich bei der Organisation an beschriebene Vorfälle anders erinnere.

Die Journalisten bei "Buzzfeed" veröffentlichten daraufhin ihrerseits einen weiteren Bericht über ein internes Dokument, das sich bereits im Jahr 2015 mit einem unabhängigen Report beschäftigte. Dieser war vom WWF selbst in Auftrag gegeben worden und sollte mögliche Menschenrechtsverletzungen durch Wildhüter in Kamerun untersuchen. Der Autor Diel Mochire Mwenge kam darin zu dem Schluss, dass der WWF in Kamerun an nächtlichen Razzien in Dörfern beteiligt gewesen sei.

Bei diesen hätten Wildhüter, die von der kamerunischen Regierung angestellt waren und vom WWF unterstützt wurden, "die Rechte der Gemeinschaften verletzt". Die Männer hätten Häuser geplündert und die Bewohner geschlagen. In dem Bericht wurde außerdem festgehalten, dass die Angreifer nicht bestraft wurden – auch wenn es "Beweise und Aussagen der Opfer" gegeben habe. Der Bericht wurde nie öffentlich gemacht.

Nicht das erste Mal in der Kritik

Es ist nicht das erste Mal, dass die Tierschutzorganisation in der Kritik steht. Im Jahr 2016 erhob die britische Hilfsorganisation Survival International schwere Vorwürfe gegen den WWF. Wildhüter sollen in Kamerun die indigenen Baka, deren traditionelle Jagdgründe zum Teil in den Schutzgebieten liegen, erniedrigt und unterdrückt haben. Die Wildhüter wurden mit Unterstützung des WWF trainiert und ausgerüstet. Ein Jahr später brach Survival Gespräche mit der Organisation ab. Der WWF habe sich geweigert, sicherzustellen, dass künftig die Baka bei der Verwaltung von Schutzzonen auf ihrem indigenen Gebiet zustimmen müssten, sagte damals Michael Hurran von Survial dem STANDARD.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau der deutschen Regierung hat bereits beim WWF um Informationen über die jüngsten Vorwürfe angesucht. Sie ist einer der größten Unterstützer der Organisation. (Bianca Blei, 6.3.2019)