Richtervereinigungspräsidentin Sabine Matejka befürchtet, dass die Regierung die Grundlage für weitergehende Eingriffe in die Freiheitsrechte über Asylwerber hinaus schaffen will.

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Wien – Vertreter von Richtern und Rechtsanwälten warnen vor der von ÖVP und FPÖ geplanten Sicherungshaft. Richtervereinigungspräsidentin Sabine Matejka befürchtet, dass die Regierung die Grundlage für weitergehende Eingriffe in die Freiheitsrechte über Asylwerber hinaus schaffen will. Der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Rupert Wolff, hält die Präventivhaftpläne der Regierung für "brandgefährlich".

Einen konkreten Gesetzesvorschlag hat die Koalition bisher nicht vorgelegt. Eine am Mittwoch verteilte Punktation lässt aber darauf schließen, dass keine verfassungsrechtliche Einschränkung der Präventivhaft auf Asylwerber geplant ist. Diese Einschränkung soll nämlich nur durch ein einfaches Gesetz erfolgen. Matejka warnt daher davor, dass damit die Grundlagen dafür geschaffen würden, die Inhaftierung wegen einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auch auf andere Personengruppen auszuweiten.

Eingriffe leicht möglich

"So, wie ich das verstanden habe, soll die Verfassungsänderung nicht gezielt auf eine Regelung im Asylbereich abstellen, sondern viel offener sein. Damit eröffnet man die Möglichkeit für weitere einfachgesetzliche Eingriffe in Freiheitsrechte", warnt Matejka. Selbst wenn eine Ausweitung auf weitere Personengruppen jetzt nicht geplant sei, wäre sie in Zukunft ohne weitere Verfassungsänderung möglich.

Matejka will daher zuerst klären, ob der Eingriff in das Verfassungsgesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit überhaupt nötig ist. "Man spricht immer von einer Lücke. Ich meine, dass man sich die Zeit nehmen sollte, diese behauptete Lücke zu untersuchen", sagt die Richterin. Somit sollte auch der Anlassfall in Dornbirn zuerst ordentlich untersucht und alle bestehenden Möglichkeiten geprüft werden. Nur wenn man tatsächlich eine Lücke finde, sollten zusätzliche Maßnahmen überlegt werden.

"Unreine" Definitionen

Keine solche Lücke sieht der Präsident des Rechtsanwaltskammertags, Rupert Wolff. Er lehnt die Regierungspläne ab: "Das Problem liegt darin, dass man Menschen einsperren will, ohne dass ein Haftgrund vorhanden ist. Und das ist brandgefährlich." Wolff geht davon aus, dass die derzeitigen Möglichkeiten ausreichen – also einerseits die Untersuchungshaft bei konkretem Tatverdacht und andererseits die Unterbringung von geistig beeinträchtigten Personen, die gefährlich sind.

Sowohl Matejka als auch Wolff vermissen außerdem einen konkreten Gesetzesentwurf. Da sei vieles noch "unrein", verweist Wolff etwa auf die Frage, was nach Ablauf der sechsmonatigen Maximaldauer der Sicherungshaft passieren soll. Laut der Punktation der Regierung soll nämlich durchaus auch eine längere Inhaftierung möglich sein – und zwar aus nicht näher definierten "besonderen Gründen".

Auch Verfassungsrechtler skeptisch

Mit einiger Skepsis sehen auch Verfassungsrechtler die Pläne. Theo Öhlinger meinte am Donnerstag, dass letztlich die Detailformulierung entscheiden werde, ob das Gesetz halte. Was bisher vorgetragen wurde, begeistert den Verfassungsjuristen wenig. Das beginne bei einem schlecht gewählten Begriff und höre bei Aussagen wie jener von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) auf, dass etwa jemand ein Fall für die Sicherungshaft sei, der ankündige, alle köpfen zu wollen. Denn das werde wohl kaum ein Asylwerber tun, wenn er nach Österreich komme.

Notwendig sei jedenfalls nicht nur verfassungsrechtlich, sondern auch europarechtlich, dass ein substanzieller Verdacht auf strafbare Handlungen vorliege – entweder auf schon begangene oder konkret geplante. Das müsste im Gesetz klar zum Ausdruck kommen. Bisher sei aber unklar, wie die Regierung zu formulieren gedenke. Daher verstehe er die Opposition, wenn sie nur über einen konkreten Text sprechen wolle.

In den "Oberösterreichischen Nachrichten" machte der Verfassungsrechtler Heinz Mayer klar, dass er von den Plänen gar nichts hält: "Es gibt aus gutem Grund keine Haft auf Verdacht." Wie stelle der Richter fest, ob jemand gefährlich sei, fragt der Experte. Werde abgehört, dass sich jemand mit anderen treffe, um Sprengstoffpläne zu besprechen, könne er ohnehin jetzt schon in Untersuchungshaft genommen werden.

Justizministerium weist Sorge vor Ausweitung zurück

Das Justizministerium weist Bedenken zurück, dass die Sicherungshaft einfachgesetzlich auf weitere Personengruppen ausgeweitet werden könnte. Die geplante Neuregelung solle nämlich in jene Bestimmung eingebaut werden, die die verfassungsrechtliche Grundlage für die Schubhaft enthält, sagte die Sprecherin von Justizminister Josef Moser (ÖVP) am Donnerstag.

Eingebaut werden soll die Sicherungshaft jedenfalls in die Schubhaftgrundlage im Verfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit. Im dortigen Artikel 2 (Absatz 1 Ziffer 7) heißt es, dass eine Inhaftierung möglich ist, "wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern".

Diese Bestimmung soll nun erweitert werden. Damit wird laut der Sprecherin auch klargestellt, dass eine Einschränkung auf Asylwerber vorgenommen wird. Einen konkreten Formulierungsvorschlag hat das Ministerium allerdings noch nicht vorgelegt. Der soll erst bei den Gesprächen mit der Opposition folgen. (APA, 7.3.2019)