Über 250 Terroristen, so tönte Amit Shah, der Chef der indischen Regierungspartei Bharatiya Janata (BJP), am Sonntag, seien bei dem Angriff der indischen Luftwaffe auf ein Ausbildungslager der Gruppe "Jaish-e-Mohammed" (JeM) am 26. Februar getötet worden. Außenminister Vijay Gokhale hatte sich am Tag des Luftangriffs noch zurückhaltender geäußert und lediglich von "einer sehr großen Anzahl JeM-Terroristen, Ausbildern, Kommandanten und Jihadisten, die für Selbstmordanschläge übten", gesprochen.

Einer von den Letzteren hatte am 14. Februar 40 indische Paramilitärs getötet, als er seinen sprengstoffbeladenen Geländewagen in einen Autobuskonvoi lenkte. Der Luftangriff hätte Indiens Regierung, die sich im Mai Wahlen stellen muss, als Beweis für die Fähigkeit der Streitkräfte, hinter der pakistanischen Grenze zuzuschlagen, dienen sollen.

Doch am Mittwoch von der Nachrichtenagentur Reuters begutachtete Satellitenbilder zeigen keine sichtbaren Schäden an dem JeM-Lager in der Nähe der pakistanischen Stadt Balakot. Die neuen Aufnahmen des US-Anbieters Planet Labs sind mit einer Auflösung von 70 Zentimetern die bisher genauesten Bilder, die an die Öffentlichkeit gelangten.

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Satellitenbild des Ziels, 4. März 2019.
Foto: REUTERS/Planet Labs Inc.

Es sind keine beschädigten Gebäude, keine Brandspuren und keine umgestürzten Bäume zu erkennen.

Das mutmaßliche JeM-Camp vor dem Luftangriff.

Die weit höher aufgelösten Satellitenbilder, über die Geheimdienste verfügen, werden weiter unter Verschluss gehalten. Auch Indien selbst müsste über Material aus einem seiner 13 Aufklärungssatelliten verfügen, hat dieses aber bisher nicht veröffentlicht.

Laut Angaben der indischen Luftwaffe warfen zwölf Mirage-Jets Bomben mit einer Sprengstoffladung von je 1.000 Kilogramm ab, die mit Steuersystemen "Spice 2000" des israelischen Herstellers Rafael Advanced Defense Systems ausgestattet waren. Dieses Upgrade ermöglicht es, einfache ungelenkte Bomben in Präzisionswaffen umzubauen, die Ziele in einer Entfernung von bis zu 60 Kilometern angreifen können.

Opposition hat Fragen

Die Weigerung der Regierung, Beweise für einen erfolgreichen Luftschlag vorzulegen, nährt Zweifel an der indischen Version der Ereignisse: "Wir wollen erfahren, wie viele Menschen gestorben sind und wo die Bomben landeten", sagt Mamata Banerjee, die Regierungschefin des Bundesstaats Westbengalen und Gründerin der Regionalpartei All India Trinamool Congress (AITC), "wir wollen keinen Krieg aus politischen Gründen, um Wahlen zu gewinnen."

Premierminister Narendra Modi wirft seinen Kritikern vor, mit der Frage nach Beweisen Indiens Feinde zu unterstützen: "In Zeiten, wo unsere Armee Terroristen im In- und Ausland zermalmt, gibt es einige Leute, die versuchen, ihre Moral zu brechen, indem sie dem Feind zujubeln", erklärte er bei einer Wahlkampfveranstaltung am Sonntag. (bed, 7.3.2019)