Eine Drohne vom Typ MQ-9 Reaper der US Air Force in Afghanistan.

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Die CIA braucht Zahlen über zivile Opfer ihrer Drohnenangriffe künftig nicht mehr offenzulegen. US-Präsident Donald Trump kassierte ein Dekret Barack Obamas, wonach die Öffentlichkeit informiert werden muss, wenn bei Attacken gegen terroristische Ziele auch Zivilisten ums Leben kommen.

Bisher, zumindest in der Theorie, hatte der Koordinator der amerikanischen Geheimdienste alle zwölf Monate einen Bericht abzuliefern, der sowohl die Zahl der Angriffe als auch die Zahl der dabei Getöteten zusammenfasste. Auch wenn dies nur für Weltgegenden galt, die offiziell nicht als Kriegsgebiete eingestuft wurden: In der Praxis hat sich Dan Coats, besagter Koordinator, bereits im vorigen Jahr nicht an die Vorgabe gehalten.

"Überflüssige" Berichte

Nun setzt Trump vollends außer Kraft, was sein Vorgänger im Oval Office angewiesen hat. Die jährlich fälligen Berichte, schreibt er zur Begründung, seien überflüssig, "sie lenken unsere Geheimdienstfachleute nur ab von ihrem eigentlichen Auftrag".

Unter Trump wurden die Angriffe mit unbemannten Flugzeugen noch intensiviert, nachdem Obama sie bereits erheblich ausgeweitet hatte. Allein in den ersten beiden Amtsjahren des 45. US-Präsidenten verzeichnete das Bureau of Investigative Journalism (BIJ), ein in London ansässiger Thinktank, 2.243 derartige Einsätze, während es in den acht Amtsjahren der Nummer 44 nur 1.878 gewesen waren.

Einsatzzahlen teilweise verdreifacht

Dem BIJ zufolge haben sich Geheimoperationen mit Kampfdrohnen im Jemen in dieser Zeit verdreifacht, während sie sich in Somalia verdoppelten. Auch die Stammesgebiete im Westen Pakistans, wo die Zentralregierung die Kontrolle weitgehend verloren hat und islamistische Extremisten Unterschlupf finden, sind seit längerem Schauplatz solcher Attacken. Neuerdings konzentriert sich die CIA verstärkt auf den Süden Libyens, wo sie das Al-Kaida-Netzwerk wie auch andere Gruppen ins Visier nimmt.

Dass Trump nun selbst auf den Schein von Transparenz verzichtet, hat ihm scharfe Widerworte eingetragen. Human Rights First, eine New Yorker Menschenrechtsinitiative, spricht von einem "unnötigen und gefährlichen" Schritt in die falsche Richtung. Der demokratische Kongressabgeordnete Adam Schiff, Chef des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, sieht "keinerlei Rechtfertigung" dafür, Obamas Direktive zu kassieren.

Im Juli 2016, sechs Monate vor seinem Abschied aus dem Oval Office, hatte der damalige Präsident die CIA unter dem Druck massiver Proteste enger an die Leine genommen. Die Zusicherung, um die Opferbilanz von Drohnenattacken kein Geheimnis mehr zu machen, sollte Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen.

Begrenzter Spielraum

In gewisser Weise wirkte die Order wie eine Bremse, da sie den Spielraum des Geheimdiensts begrenzte. Man spürte Lerneffekte im Weißen Haus, denn lange waren die ferngesteuerten Leichtflugzeuge, ausgerüstet mit Hellfire-Raketen, Obamas Lieblingswaffe im Kampf gegen Terrorzellen gewesen. Konnte man damit gezielte Schläge führen, so sein Kalkül, brauchte man keine Bodentruppen in Kriegs- oder Krisengebiete zu entsenden.

Doch schon Obama musste sich den Vorwurf gefallen lassen, massiv gegen rechtsstaatliche Prinzipien zu verstoßen. Die Bürgerrechtsliga ACLU beispielsweise sprach von einem Staatschef, der Todesurteile fälle, ohne dass ein Gericht darüber verhandeln könne. Der Druck veranlasste ihn schließlich zu Korrekturen, die Trump seinerseits bald wieder rückgängig machte. Bald nach Amtsantritt erklärte er weite Teile des Jemen und Somalias zu "Zonen aktiver Kampfhandlungen". In denen können sich die Amerikaner verhalten wie in einem Krieg, ohne Rücksicht auf die Regeln für Nichtkriegsgebiete nehmen zu müssen. (Frank Herrmann aus Washington, 7.3.2019)