Wahlrechtsdemonstration der SDAP (Sozialdemokratische Arbeiterpartei) in Ottakring 1913: Auch dort begleiteten Männer die Frauendemo.

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Karikatur im Kurier zum "Skandal" als 1990 die grüne Nationalratsabgeordnete Christine Heindl ihr Baby während der Plenarsitzung stillte.

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Der letzte Raum der Ausstellung im Volkskundemuseum ist wie der Plenarsaal im Nationalrat gestaltet.

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Das Land Salzburg wählt am Sonntag neue Gemeindevertreter. Leider werden auch dieses Mal nur eine Handvoll Frauen zu Bürgermeisterinnen gekürt werden können. Unter den Bundesländern bildet Salzburg das Schlusslicht: In 119 Gemeinden finden sich aktuell nur fünf Bürgermeisterinnen. Für die Wahl am Sonntag bewerben sich 33 Frauen, immerhin acht mehr als bei der letzten Wahl. Das, obwohl die ersten weiblichen Politikerinnen schon vor 100 Jahren in den österreichischen Nationalrat eingezogen sind: am 4. März 1919.

Die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen 1918 hat die politische Sphäre für weibliche Personen auf dem Papier geöffnet. Die Ausstellung im Wiener Volkskundemuseum Sie meinen es politisch – 100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich zeigt ab heute, welche historischen und gegenwärtigen Orte die Einführung des Wahlrechts ohne Unterschied des Geschlechtes verändert hat. Das Fazit ist deutlich: Trotz vieler Widerstände und einigen Verbesserungen, wird es Frauen nach wie vor erschwert, diese Orte gleichberechtigt mitzugestalten.

Sozialdemokratische Vorreiterinnen

Im Treppenaufgang des Museums im achten Bezirk begegnet man zunächst dem Porträt der ersten (längerjährigen) Bürgermeisterin Österreichs. Zenzi Hölzl (SPÖ) stand von 1948 bis 1956 der niederösterreichischen Gemeinde Gloggnitz vor. Im Porträt wirkt sie streng, in ihrer linken Hand hält sie eine Ausgabe von Karl Renners soziologischem Werk Mensch und Gesellschaft. Sicher ein Zeichen an die Männerwelt in der Politik: Frauen haben die Botschaften der Partei fest im Griff.

Neben der klassischen Wahlzelle stellen weitere sechs Orte die Kämpfe von Frauen um Gleichberechtigung dar: die Straße, autonome Frauenräume, das Parlament, Haus und Arbeit sowie das sozialdemokratische Vereinslokal.

1893 forderte die damalige SDAP zum ersten Mal das allgemeine Wahlrecht für Frauen. In Bildungsvereinen wurden Frauen mit Kursen in Rhetorik und Grundsätze der Partei für politische Ämter vorbereitet. Wanderbibliotheken mit sozialistischen Klassikern machten in den kleinsten Dörfern halt. Darunter befand sich Adelheid Popps viel gelesene und 1909 vorerst anonym erschienene Erzählung Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin. Von ihr selbst erzählt – für die damalige Zeit war das revolutionär.

Ab 1900 rückte in der Sozialdemokratie der Kampf für das allgemeine Männerwahlrecht in den Vordergrund. Die Frauen mussten sich mit ihrem Anliegen hinten anstellen. Die männlichen Genossen vertrösteten sie: Sobald sie die Mehrheit stellen werden, würden sie das Wahlrecht für Frauen durchsetzen. Ein Männerversprechen, das uneingelöst blieb.

Militanz und Parlament

Die Frauenbewegung in Österreich war weniger militant als anderswo. Ein Brandanschlag nach dem Vorbild der Suffragetten im Jahr 1913 wurde von der damaligen Kronen Zeitung absurderweise als "Bubenstreich" abgetan – ein besonderes Stück der Ausstellung, das den männerdominierten medialen Diskurs veranschaulicht.

In dem Bereich, der autonomen Frauenräumen gewidmet ist, stehen sich etwas unvermittelt Zeitdokumente aus der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts und Bilder der ersten Frauenfeste im Wiener WUK Anfang der 1980er-Jahre gegenüber. Da hätte man sich mehr Einordnung erwartet. Der letzte Raum ist dem Plenarsaal des Parlaments nachgebildet. In den gläsernen Tischen der Abgeordneten sind geschlechtsspezifische Debatten im Nationalrat nachgezeichnet, zum Beispiel als 1990 die grüne Abgeordnete Christine Heindl öffentlich ihr Baby stillte.

So stellt die Ausstellung in nur drei Räumen schlaglichtartig unter Beweis, dass die Geschichte um die politische Teilhabe von Frauen keine lineare und längst noch keine abgeschlossene ist. (Laurin Lorenz, 8.3.2019)