Es kriselt überall. So fühlt es sich für viele immer öfter an: ökologische Krisen, die wir hautnah zu spüren bekommen; bedrohliche ökonomische Entwicklungen wie steigende Lebenserhaltungskosten bei stagnierenden Löhnen; Migrationsbewegungen und politische Debatten in einer Diktion, die Angst macht. Da erscheint die Frage danach, wie Frauen heute, im Jahr 2019, dastehen, vielen nebensächlich. Doch gerade in Zeiten der Verunsicherungen ist sie wichtig, denn genau dann erscheint das Zurück zu Althergebrachtem und traditionellen Rollenbildern vielen als verlockend und beruhigend.

Genau diese Stoßrichtung der Bundesregierung wurde schon vor fünfzehn Monaten in einer höchst seltsamen Formulierung im Regierungsprogramm sichtbar. "Die Besonderheit beider Geschlechter macht den Mehrwert für die Gesellschaft sichtbar", heißt es dort, und: "Die Verschiedenheit von Mann und Frau anzuerkennen ist Bestandteil menschlichen Lebens." Diese "Verschiedenheit" bei einer Teilzeitquote von fast fünfzig Prozent quasi zum Naturschutzgebiet zu erklären ist bizarr. Eine Frau erhält am Ende ihres Arbeitslebens die Hälfte einer durchschnittlichen Pension eines Mannes. Hier von "Mehrwert" zu sprechen ist an Zynismus kaum zu überbieten.

Mit wirksamen Maßnahmen gegen die geschlechterspezifische Arbeitsteilung haben auch die Vorgängerregierungen nicht geglänzt. Die Haltung dieser Bundesregierung in frauenpolitischen Fragen hat allerdings noch einmal eine andere Qualität. So fragt man sich etwa, warum das Sozialministerium in den neuen arbeitsmarktpolitischen Zielvorgaben die bisher verankerten Hinweise auf die Nachteile von Teilzeitarbeit einfach wegstreicht. Wozu? Weil das Problem erledigt ist? Gender-Pay-Gap? Check! Gender-Pension-Gap? Abgehakt! Wohl kaum.

Selbstbestimmtes Leben

Einer gutverdienenden Frau mit einem Partner, der sich die Familienarbeit und somit die damit verbundenen Lohneinbußen mit ihr teilt, reichen womöglich die Errungenschaften der 1970er-Jahre für ein selbstbestimmtes Leben: die Familienrechtsreform, das Gleichbehandlungsgesetz oder die Fristenregelung. Doch das Datenmaterial über Lohnschere, Gewalt und Familienarbeit spricht eine klare Sprache: Für das Gros der Frauen ist die frauenpolitische Vollbremsung fatal. Statt nur von Lohntransparenz zu reden und vor Teilzeit zu warnen, wäre es höchste Zeit, Firmen zu sanktionieren, die die Offenlegung der Männer- und Frauengehälter blockieren, und Karenzmodelle mit finanziellen Anreizen für partnerschaftliche Kinderbetreuung zu installieren.

Doch stattdessen nimmt Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß auch noch hin, dass Parteikollegen und FPÖ-Politiker via Bürgerinitiative die Fristenregelung angreifen. Was bietet also die aktuelle Politik Frauen ohne ökonomischen Schutzschild? Vom Familienbonus für Besserverdienende haben sie nichts, die Kürzungen im Sozialhilfegesetz werden Frauen hart treffen, und die ewige Rede von "echter Wahlfreiheit" bedeutet nichts anderes als Untätigkeit bei der Teilzeitquote, ergo: finanzielle Anhängigkeit.

Statt Sicherheit in diesen unsicheren Zeiten bietet die Politik das Gegenteil. Und wenn dieser Kurs schiefgeht, verbreitet man die Erzählung, dass es die Migration sei, die frauenpolitische Errungenschaften gefährdet. Dabei schafft das die ÖVP-FPÖ-Regierung ganz allein. (Beate Hausbichler, 8.3.2019)