Drei Tage mal anders als ins Klassenzimmer gehen: Lehrer in der Wirtschaft.

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Schon früh werden die Weichen für die weitere Berufslaufbahn der Schüler gestellt. Der Berufsorientierung im Unterricht kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Um Lehrern einen möglichst realistischen Blick in unterschiedliche Berufswelten zu ermöglichen, gibt es seit mittlerweile 15 Jahren das Projekt "Lehrer/innen in die Wirtschaft". "Denn nur wer selbst Betriebe von innen erlebt hat, kann darüber glaubhaft zu Schülerinnen und Schüler sprechen", sagt Christoph Berger, der Rektor der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems (KPH).

Vergangene Woche war es in Wien wieder so weit. Für drei Tage tauschten rund 30 Lehrer unterschiedlicher Schultypen und Schulstufen das Klassenzimmer mit den Räumlichkeiten eines Unternehmens ihrer Wahl. "Seit Jahren besonders beliebt ist ein kleiner Blumenladen in Wien", sagt Johannes Lindner von der KPH und für das Matching zuständig. Weil man dort den besten Einblick bekomme – vom Einkauf über die Preiskalkulation und Buchhaltung bis zum Verkauf -, könne man alle Stationen eines kleinen Einzelhändlers durchlaufen, sagen die Teilnehmer. Aber auch in großen Unternehmen wie dem Verkehrsbüro oder Henkel würden die Lehrer in sämtliche Bereiche hineinschnuppern, ergänzt Lindner.

Ideengeber

Die Idee zum Projekt hatte Viktor Wagner, Geschäftsführer von Reiwag Facility Services, 2003. "Meine Sorge war es, dass das Thema Wirtschaft in der Schule zur kurz kommt", sagt er. Daher lud er eine Hauptschuldirektorin, danach Lehrer und Schüler ein und gab ihnen einen Einblick in das Geschäftsleben seines Unternehmens. Das Interesse war groß, und er konnte das WdF (Wirtschaftsforum der Führungskräfte) als Kooperationspartner gewinnen, seit fünf Jahren ist auch die Wirtschaftskammer Wien sowie die Initiative für Teaching Entrepreneurship (ifte.at) mit an Bord.

30 Unternehmen sind in Wien an dem Projekt beteiligt, österreichweit sind es rund 50 Betriebe – von Tourismusbetrieben bis zu Software-Entwicklern, kleinen Dachdeckerbbetrieben oder Start-ups und internationalen Konzernen reicht das Spektrum. "Jeweils drei Wunschunternehmen dürfen die Lehrer nennen, eines davon wird es dann auch werden", sagt Lindner.

Obwohl das Projekt allen Lehrern offensteht, unterrichten die meisten der teilnehmenden Lehrer in der Sekundarstufe II. "Und es gibt auch Wiederholungstäter, die alle zwei, drei Jahre mitmachen", ergänzt Lindner.

Im Wesentlichen gebe es drei Motive dafür. Zum einen wollen die Lehrer ihr praktisches Wirtschaftswissen auffrischen, indem sie einen Einblick in den Firmenalltag bekommen. Der zweite Grund ist im Rahmen der Berufsorientierung der Wunsch der Lehrer, andere Berufe kennenzulernen. Die dritte Kategorie der Teilnehmer sind Lehrer, die ins mittlere Management der Schule wechseln möchten.

Unternehmen wiederum wollen einen Beitrag dazu leisten, das Wirtschaftswissen der Schüler zu fördern. Ziel sei es auch, dass durch diesen Erstkontakt mit einem Unternehmen weitere Projekte und ein Austausch zwischen Schule und Unternehmen entstehen. "Und das funktioniert auch ganz gut", ergänzt Lindner.

Nächste Runde

Drei Tage seien ein guter Zeitrahmen, um einen kleinen Einblick in wirtschaftliche Abläufe zu bekommen, ist Lindner überzeugt. Auch deshalb, weil sich die teilnehmenden Lehrer darauf vorbereiten und sich vor Beginn konkrete Fragen überlegen sollen, die während dieser berufspraktischen Tage beantwortet werden sollen, ergänzt er. Der nächste Durchgang in Wien ist von 2. bis 4. März 2020, Anmeldungen sind bis Juni bei der KPH möglich. (ost, 11.3.2019)