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Für viele sind die Kassen, an denen man seinen Einkauf selber scannt, mehr Ärgernis denn Hilfe.

Foto: Reuters

Der smarte Wecker holt uns sanft aus dem Schlaf, klärt über die Wetterlage auf und schaltet angenehme Musik an, während die smarte Kaffeemaschine automatisch mit der Zubereitung eines doppelten Espresso beginnt und die Heizung sich bereits selbständig in Betrieb genommen hat. Die fahrerlose U-Bahn fährt pünktlich ein und bevor es am Abend wieder nach Hause geht, meldet der Kühlschrank, dass allerlei Lebensmittel ausgegangen sind. Zeit für einen Umweg in den Supermarkt, doch dort beginnt der Ärger.

Automatisierung hat das Potenzial, unser Leben in vielerlei Hinsicht zu vereinfachen. Oft gelingt das, wenn selten im versprochenen Ausmaß. Manchmal allerdings scheitert es grandios. Und so manche Technik, die eigentlich nichts besser macht, landet trotzdem in unserem Alltag. Ein "populäres" Beispiel: Selbstbedienungskassen. Sie sind ein System, das scheinbar keine Vorteile bringt und uns dennoch noch länger erhalten bleiben wird, schreibt Gizmodo.

Musterbeispiel der "Shitty Automation"

Dort befasst man sich in einer Serien namens "Shitty Automation" mit jenen technischen Neuerungen, die uns lieber erspart geblieben wären. Doch auch beim sogenannten "Self Check-out" stehen im Vordergrund große Versprechen. Sie brauchen weniger Platz als eine traditionelle Kasse. Also kann man mehr davon aufstellen, was zu kürzeren Warteschlangen führen soll, zumal auch niemand darauf warten muss, dass die Kasse von einem Mitarbeiter besetzt wird. Die Realität sieht allerdings ganz anders aus.

Kunde wird zum Kassenpersonal

In der Praxis verliert man die theoretisch gewonnene Zeit bei der Bedienung der Maschinen wieder. Die Menüoberflächen und Abfolgen sind oft wenig intuitiv, zudem benötigt man als Kunde wesentlich mehr Zeit zum Scannen der Waren und eingeben von Sonderpositionen, als geschultes Kassenpersonal, dessen Arbeit man plötzlich erledigt.

In einigen Ländern kommt hinzu, dass man dort üblicherweise die Waren auch nicht selber in Sackerl und Taschen einpackt, was man an der Selbstbedienungskasse aber sehr wohl erledigen muss. Last, but not least, muss man ohnehin wieder auf einen Mitarbeiter warten, wenn das Gerät eine Störung hat.

Deutlich mehr Diebstahl

Für die Supermarktbetreiber liegt der Vorteil des Self Check-out auf der Hand. Man spart Arbeitsstunden im Kassabereich, die man entweder in andere Bereiche verlagern oder abbauen kann. Aber auch den Kostenvorteil muss man relativieren.

Denn frustrierte Kunden, die ihren Ärger dann vielleicht über soziale Netzwerke öffentlich kund tun, sind nicht gut für das eigene Ansehen. Und außerdem kommt es bei den personalfreien Kassen deutlich häufiger zu Diebstählen. Zitiert werden zwei Untersuchungen. Laut einer lassen sich 20 Prozent der Einkäufer bei Selbstbedienungskassen dazu verleiten, etwas unbezahlt mitzunehmen. Laut der anderen liegen die diebstahlsbedingten Umsatzeinbußen bei vier Prozent und damit doppelt so hoch, wie bei betreuten Kassen.

Systeme, in denen der Kunde selbst abrechnet, sind eigentlich eine logische Folge in der Entwicklung der Einkaufskultur, die sich binnen hundert Jahren in ihrer Ausrichtung umgekehrt hat. Wo man ursprünglich einem Ladenmitarbeiter eine Einkaufsliste in die Hand drückte und dieser dann den kompletten Einkauf überreichte, flanieren wir heute zwischen Warenregalen und tragen unsere Waren zu einer Kassa, die wir selbst bedienen.

Warten auf die nächste Generation

Denn das Self Check-out grundsätzlich funktionieren kann, beweisen etwa Amazons Go-Stores in den USA. Dort sorgen zahlreiche Kameras und Sensoren dazu, dass das System des Supermarktes schon bei der Entnahme einer Ware aus dem Regal sie dem Einkaufskorb des Kunden zuordnet. Sobald dieser das Geschäft verlässt, wird abgebucht, eine Kasse gibt es nicht. In puncto Datenschutz wirft das zwar zahlreiche Fragen auf, aber schon jetzt funktioniert der Einkauf auf diese Art bereits sehr gut. Waren müssen nicht gescannt werden, das Anstehen an der Kassa entfällt. Das Personal kümmert sich hauptsächlich um die Bestückung des Geschäfts mit frischen Artikeln.

Dass also Selbstbedienungskassen immer noch da sind, obwohl sie scheinbar keine Vorteile haben, liegt an mehreren Gründen. So dürften sie trotz aller Defizite ihr Ziel der Kostensenkung trotzdem erfüllen, wenn auch vielleicht nur knapp. Und die Supermarktketten operieren mit geringen Profitmargen und haben dementsprechend nicht viel Budget, um ältere Technik à la Amazon auszutauschen.

Für die Angestellten im Handel bedeutet das allerdings auch eine Gnadenfrist. Denn ein vollautomatisierter Einkauf dürfte zahlreiche Jobs kosten. (red, 8.3.2019)