Für Ultraorthodoxe eine Provokation: Jüdinnen, die an der Klagemauer in Jerusalem beten.

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Jerusalem – Tausende ultraorthodoxe Juden haben an der Klagemauer in Jerusalem gegen die Gebete jüdischer Frauen einer liberalen Strömung protestiert. Dabei kam es nach Angaben der Frauen von Neshot HaKotel (Frauen der Mauer) auch zu gewaltsamen Übergriffen. Zwei Frauen seien verletzt worden, hieß es in einer Stellungnahme am Freitag.

Die Polizei sprach dagegen lediglich von "Spannungen" und "Flüchen". Sie habe die Gruppen getrennt. Die "Frauen der Mauer" hätten daraufhin am südlichen Teil der Klagemauer ihre Gebete fortgesetzt. Der Ort ist die heiligste Stätte für Juden weltweit.

Attackiert, bespuckt, bedroht

Die Zeitung "Haaretz" berichtete von Hunderten strengreligiöser Juden, die versuchten hätten, Polizeibarrikaden zu durchbrechen, und dann Unterstützer der Frauengruppe attackiert, bespuckt und bedroht hätten.

Die Gruppe "Frauen der Mauer" kämpft seit Jahrzehnten darum, an der Klagemauer wie Männer beten zu dürfen, und zwar laut singend, mit Gebetsschal und eigenen Torah-Rollen. Die Gruppe, die auch strengreligiöse Mitglieder hat, beging am Freitag – dem Weltfrauentag – den 30. Jahrestag ihres monatlichen Gebetsdienstes an der Klagemauer.

Wie "Haaretz" schrieb, waren bereits am Morgen tausende strengreligiöse Jugendliche nach Aufforderung durch ihre Rabbiner zur Klagemauer gekommen, um den Platz zu besetzen und die Gebete der "Frauen der Mauer" zu behindern.

Gemeinsamer Bereich nicht umgesetzt

Nach jahrelangem Streit hatte Israel Anfang 2018 mit dem Bau eines gemeinsamen Gebetsbereiches für Frauen und Männer an der Klagemauer begonnen. Anfang 2016 hatte die Regierung beschlossen, dass neben den getrennten Bereichen auch ein gemeinsamer Gebetsbereich eingerichtet werden solle. Dort sollten alle die gleichen Gebetsrechte haben. Doch aufgrund des Drucks ultra-orthodoxer Koalitionspartner war die Vereinbarung längere Zeit auf Eis gelegt geworden. (APA, 8.3.2019)