Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seine Ehefrau Doris Schmidauer baten anlässlich des Internationalen Frauentags Vertreterinnen aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Privatwirtschaft zur Vorführung einer Dokumentation über Frauenhäuser.

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Wien – Die Präsidentschaftskanzlei war am Freitag fest in weiblicher Hand: Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seine Ehefrau Doris Schmidauer baten anlässlich des Internationalen Frauentags Vertreterinnen aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Privatwirtschaft zur Vorführung einer Dokumentation über Frauenhäuser. Das Staatsoberhaupt outete sich vor seinen Gästen als "männlicher Feminist".

Alle Frauen hier bildeten ab, was die Gesellschaft an weiblichem Potenzial zu bieten hat – "und was Österreich auf allen Ebenen versäumt, wenn Frauen nicht oder nicht ausreichend vertreten sind", betonte Schmidauer in ihrer Ansprache, der unter anderem die Nationalratspräsidentinnen Doris Bures (SPÖ) und Anneliese Kitzmüller (FPÖ) und Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker lauschten. "Das Erreichte soll uns Ansporn und Motivation sein", denn es gebe noch immer viel zu tun, damit Gleichstellung auf allen Ebenen durchgesetzt sei, meinte Schmidauer.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen eine Rede von Sibylle Hamann und die Vorführung von "Home Sweet Home", einer Dokumentation über von Gewalt betroffene Frauen, die im Frauenhaus ein neues Leben begonnen haben – gewidmet "jenen Heldinnen, die Gewalt erfahren und es geschafft haben, diesem Teufelskreis zu entkommen", erklärte Schmidauer. "Und ganz generell: the future is female", wählte Schmidauer Schlussworte, die für tosenden Applaus des Publikums sorgten.

VdB ist männlicher Feminist

Er habe aufmerksam zugehört, versicherte sodann der Bundespräsident. "Ich kann guten Gewissens sagen, dass ich alles unterschreiben kann, und insofern betrachte ich mich als männlichen Feministen", ließ Van der Bellen wissen. Gleichstellung auf allen Ebenen sollte eigentlich "eine Selbstverständlichkeit" sein.

Es gebe aber noch "ein bissl was zu tun", findet auch das Staatsoberhaupt – auch in Hinblick auf die Politik. Neben 100 Jahren Frauenwahlrecht erinnerte Van der Bellen nämlich auch an "100 Jahre männliche Bundespräsidenten", und "bevor Sie über mich herfallen, füge ich hinzu: auch 100 Jahre männliche Bundeskanzler" und "100 Jahre männliche Verteidigungsminister", brachte er einige Beispiele. "Dieser 8. März ist Ihr Feiertag, ist Ihr Kampftag, aber es ist nicht Ihr Kampf allein", versprach Van der Bellen den Frauen, denn es seien auch Männer dabei, diesen Kampf zu führen.

Parlament eröffnet Ausstellung "100 Jahre Wahlrecht"

Das Parlament eröffnet am heutigen Frauentag am Heldenplatz die Ausstellung "Gleiche Rechte – 100 Jahre Wahlrecht für Frauen". Auf den zehn Standrahmen, die schon bei der vorangegangenen Ausstellung zur Republiksgründung Besucher anzogen, sind die acht Vorreiterinnen im österreichischen Parlament und die historische Entwicklung der Frauen in der Politik abgebildet.

Das Wahlrecht ist ein zentraler Zugang zur Mitgestaltung der Gesellschaft. Heute ist es selbstverständlich, dass Frauen wählen und gewählt werden, bis dahin war es aber ein langer Weg. Die erste Sitzung der Konstituierenden Nationalversammlung jährte sich am 4. März zum 100. Mal. Damals zogen die ersten acht weiblichen Abgeordneten ins Parlament ein. Ihnen und weiteren Pionierinnen ist die Ausstellung gewidmet.

Eröffnet wird sie am Freitag von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) und der Dritten Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ). "Die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau ist in unserem Land verwirklicht. Es bedarf aber noch einer Reihe von Maßnahmen um auch die Gleichstellung in der Gesellschaft im allgemeinen und in der Arbeitswelt im speziellen zu verwirklichen", erklärte dazu Sobotka gegenüber der APA.

Zahlreiche Appelle von Politikerinnen

Anlässlich des Internationalen Frauentags haben sich am Freitag zahlreiche österreichische Politikerinnen in Aussendungen zu Wort gemeldet. Sie machten auf bestehende Ungleichheiten aufmerksam, wandten sich gegen Gewalt an Frauen und forderten Maßnahmen zur Schließung der Einkommensschere.

Außen-und Integrationsministerin Karin Kneissl (FPÖ) nannte den Kampf gegen Gewalt an Frauen als oberste Priorität. "Durch die Zuwanderung aus patriarchalisch geprägten Gesellschaften und die Flüchtlingsbewegungen der vergangenen Jahre, hat sich auch in Österreich ein Weltbild ausgebreitet, in dem Frauen nicht als gleichberechtigt akzeptiert und der Gewalt der Boden bereitet wird", so Kneissl. Sie verwies unter anderem auf Förderungen des Ministeriums für Projekte gegen weibliche Genitalverstümmelung.

Lohntransparenz gefordert

SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner forderte in einer Aussendung die rasche Umsetzung eines Lohntransparenzgesetzes, die gesetzliche Anrechnung der Karenzzeiten bei Lohnvorrückungen, einen Rechtsanspruch auf einen Papamonat sowie die Aufstockung der Geldmittel für Fraueneinrichtungen und Gewaltschutz. "Wir können nicht hundert Jahre warten bis sich die Einkommensschere schließt. Wir müssen jetzt handeln!", betonte sie.

Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec bekräftigte anlässlich des Frauentags ihre Forderung nach einem automatischen Pensionssplitting mit Opt-Out-Möglichkeit, um Frauen vor Altersarmut zu schützen. Eine entsprechende Regelung könnte man "in dieser Regierungsperiode durchbringen", meinte sie.

Die Junge ÖVP (JVP) wies auf die Vorbildwirkung der Politik in Sachen Gleichberechtigung hin. "Die Politik muss als Vorbild in Fragen der Gleichberechtigung vorangehen und aufzeigen, welche Chancen junge Frauen in Österreich haben und sie auch animieren, diese zu nutzen", sagte Generalsekretärin Laura Sachslehner laut einer Aussendung. Die Junge ÖVP gehe hier mit gutem Beispiel voran, denn fünf der derzeit sieben Abgeordneten im Parlament, die der JVP angehören, seien weiblich.

Auch das Frauenkomitee der Bundesjugendvertretung (BJV) machte auf die bestehenden Geschlechterungleichheiten aufmerksam. "Die Schere zwischen Mann und Frau klafft in Österreich in vielen Lebensbereichen weit auseinander – vor allem im Bereich Arbeit. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss endlich Realität werden!", forderte die Sprecherin des Frauenkomitees Julia Rainer.

Vor einem "frauenpolitischen Backlash" warnten die Vorsitzende der Jungen Generation in der SPÖ (JG), Claudia O'Brien, und JG-Frauensprecherin Patricia Katsulis. "Schwarz-Blau betreibt eine Politik, die uns Frauen wieder hinter dem Herd sieht", hieß es in einer Aussendung. Es sei "unerträglich, wie wenig Stellenwert Frauenpolitik in dieser Bundesregierung hat", kritisierten sie. (APA, 8.3.2019)