Von Finanzthemen wollen 59 Prozent der Frauen laut einer Umfrage nichts wissen.

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Frauen und Veranlagung – das ist auch im Jahr 2019 noch keine so runde Sache. Nur 42 Prozent der von der Erste Bank befragten Frauen geben an, sich für Wirtschaft zu interessieren. 59 Prozent der Frauen interessieren sich aber nicht für Finanzthemen. Hinzu kommt, dass Frauen mit einem statistischen Nettoeinkommen von 1774 Euro noch immer weit weniger verdienen als Männer, deren Nettoverdienst laut Statistik Austria bei 2559 Euro im Monat liegt.

Für Banken und Finanzinstitute ist es also nicht leicht, Frauen als Anlagekundinnen zu gewinnen. Frauen sparen zwar mehr als Männer, fühlen sich in der Finanzwelt aber nicht so zu Hause. "Am Sparbuch sollten drei Monatsgehälter als Notgroschen liegen, mehr aber auch nicht", sagt Thomas Schaufler, Privatkundenvorstand der Erste Bank Österreich. Denn die Zeiten, in denen Geld am Sparbuch mehr wert wurde, seien lange vorbei. Dennoch bleibt das Sparbuch bei den Österreichern das beliebteste Anlageprodukt. 74 Prozent der Frauen und 73 Prozent der Männer besitzen ein Sparbuch – bei diesem Thema herrscht also Geschlechterparität.

Großer Gap bei Einzelaktien

Anders sieht es bei Finanzprodukten aus. Laut der Erste-Bank-Studie besitzen nur sechs Prozent der Frauen (17 Prozent der Männer) Einzelaktien, elf Prozent haben einen Fonds (Männer: 22 Prozent), und 14 Prozent der Frauen (21 Prozent der Männer) legen mit einem Fondssparplan ihr Geld an. "Männer sind vielfältiger aufgestellt als Frauen", sagt Karin Kiedler, Leiterin der Erste-Bank-Marktforschung. Frauen ordneten sich hingegen als sicherheitsorientierter ein. Das spiegelt sich auch in Aussagen wider wie "Wenn man in Aktien anlegt, verliert man leicht viel Geld" oder "Ich habe nicht so viel Geld für diesen Aufwand", denen Frauen weit häufiger zustimmen als ihre männlichen Geschlechtsgenossen.

Hinter diesen Aussagen steckten aber Mythen, betont Schaufler. Denn Wertpapierinvestments – etwa ein Fondssparplan – können ab 50 Euro pro Monat getätigt werden. Wer mehr Geld zu veranlagen hat, kann dieses auf ein spezielles Anlagekonto legen. Dort wird das Geld mit einem Prozent verzinst und monatlich ein Betrag in den Fonds investiert. "Damit kann man den Cost-average-Effekt gut ausnützen", so Schaufler. Dieser Effekt wirkt sich positiv aus, weil um den immer gleichen Geldbetrag Wertpapiere gekauft werden. Mal sind diese billiger, mal teurer – im Schnitt sei damit aber mehr Ertrag erwirtschaftbar.

Kleine Beträge reichen

Die Botschaft zu etablieren, dass auch kleine Beträge für eine Veranlagung reichen, ist laut Schaufler die Herausforderung der Stunde – auch im Hinblick auf die Pensionsvorsorge. Hier würde freilich ein Steuerzuckerl der Regierung helfen.

Auch im Hause Raiffeisen sieht man Bedarf bei Frauen, für den Lebensabend vorzusorgen. Eine von der Vorsorgekasse Valida beauftragte Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass Frauen die Höhe ihrer staatlichen Pension im Durchschnitt auf 935 Euro pro Monat schätzen. Im Gegensatz dazu liegen die Pensionserwartungen der Männer bei 1334 Euro monatlich, das sind 43 Prozent mehr. Folglich gehen 79 Prozent der Frauen davon aus, nur von der staatlichen Pension nicht gut leben zu können.

Gedämpfte Pensionserwartungen

Um die gedämpften Pensionserwartungen aufzubessern, eignet sich aus Sicht von Valida-Vorständin Beate Wolf die Abfertigung neu. Bloß 19 Prozent der Frauen würden erst zu Pensionsantritt über den Abfertigungsanspruch verfügen – was im Umkehrschluss bedeutet, dass sich acht von zehn Frauen durch eine verfrühte Auszahlung die Möglichkeit einer Vorsorge nehmen. "Dass die Abfertigung ein langfristig sicheres, hundert Prozent kapitalgarantiertes Instrument der Altersvorsorge ist, welches wahlweise als steuerfreie Zusatzpension oder als Einmalzahlung ausbezahlt werden kann, ist vielen nicht bewusst", folgert Wolf.

Bei der Veranlagung in Wertpapieren betont Anlagechefin Ingrid Szeiler von der Fondsgesellschaft Raiffeisen KAG die Wichtigkeit einer hohen Veranlagungsdauer und einer breiten Streuung auf mehrere Anlageklassen, um das Risiko zu senken – und verweist ebenfalls auf die Möglichkeit des Fondssparens. Wem das zu heikel ist, dem stünden auch Anlagezertifikate mit hundertprozentigem oder teilweisem Kapitalschutz zur Auswahl.

Mit Finanzen beschäftigen

Der österreichische Verband Financial Planners appelliert an Konsumentinnen, sich stärker mit Finanzen auseinanderzusetzen. Oft werde dieses Thema Männern überlassen. Bei Trennungen oder nach einem Schicksalsschlag seien Frauen dann überfordert, wenn sie sich um diesen Bereich auch noch kümmern müssen.

· Mehr Bedeutung "Sich mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen ist das erste und oberste Gebot", richtet Verbandsvorständin Sonja Ebhart-Pfeiffer den Frauen aus. Letztlich gehe es darum, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Unabhängig davon, in welcher Lebenssituation Frauen sich aktuell befinden, sollten sie Schritte in Richtung finanzielle Unabhängigkeit unternehmen. Dazu zählt die Erhebung der finanziellen Ist-Situation ebenso wie die Erstellung eines finanziellen Lebensplans, der auch unangenehme Eventualitäten und fixe monatliche Sparbeträge umfasst.

· Babyrucksack Das Kinderglück bezahlen Frauen mit Blick auf die Pension teuer. Sie arbeiten nach der Geburt oft nur in Teilzeit, was ein Loch in die Pension reißt. Neben der Anzahl an Berufsjahren ist nämlich auch die Höhe des Einkommens für die gesetzliche Pension relevant. Hinzu kommt, dass nach der Geburt – wenn das Geld ohnehin knapper wird – oft laufende Sparpläne für die Altersvorsorge der Frau gestoppt werden. "Das ist ein großer Fehler", sagt Ebhart-Pfeiffer. Hier sollten Männer einspringen oder Paare die Möglichkeit des Pensionssplittings nutzen.

· Mehr Mut Frauen sollten sich laut Ebhart-Pfeiffer mehr trauen und bei Finanzfragen mehr Selbstbewusstsein an den Tag legen.

· Kalkulierbare Risiken "Frauen müssen sich trauen, Veranlagungen abseits des Sparbuchs zu tätigen und auch mehr Risiko in Kauf zu nehmen", sagt Ebhart-Pfeiffer. Jede Frau sollte mit ihrem Berater eine Strategie finden, die zu ihr und ihren finanziellen Zielen und Verhältnissen passt. (Bettina Pfluger, Alexander Hahn, 9.3.2019)