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Der gesundheitlich angeschlagene Angeklagte, Paul Manafort, im Rollstuhl während des Prozesses (Gerichtszeichnung).

Foto: Foto: Reuters / Bill Hennessy

Er ist nur ein Schatten seiner selbst, der gesundheitlich angeschlagene Mann, der vor dem Richter sitzt. Das Gehen fällt Paul Manafort schwer, er braucht einen Rollstuhl, ein Stock liegt bereit. Die Gesichtszüge zerfurcht, das Haar ergraut, wirkt er, als wäre er um Jahre gealtert im Vergleich zum Sommer 2016.

Damals hatte er den Olymp seiner Beraterkarriere erklommen. Hinter den Kulissen führte er Regie, als die Republikaner Donald Trump ins Rennen ums Weiße Haus schickten. Ein Profi, der bereits Gerald Ford, Ronald Reagan und George Bush beraten hatte und nun Trumps Wahlkampfteam leitete. Statt vom Ruhm des gefeierten Strategen zu zehren und daraus klingende Münze zu schlagen, wie er gehofft hatte, trägt er nun Sträflingskleidung: einen grünen Einteiler.

"Schlimmste Zeit"

Die vergangenen zwei Jahre, sagt Manafort, bevor das Strafmaß verkündet wird, seien für ihn und seine Familie die schlimmsten gewesen. Beruflich wie finanziell liege sein Leben in Scherben. "Zu sagen, dass ich mich gedemütigt und beschämt fühle, wäre eine krasse Untertreibung." Worauf Richter Thomas Selby Ellis entgegnet, er habe vermisst, dass der Angeklagte wegen seiner Taten Reue erkennen lasse. Wegen der sechs Millionen Dollar Steuern, die er hinterzogen habe: "Dem Wesen nach haben Sie jedem Geld gestohlen, der seine Steuern bezahlt." Gemessen an den 19 bis 24 Jahren Gefängnis, die dem Gesetz nach möglich wären, fällt Ellis ein überraschend mildes Urteil: 47 Monate – keine vier Jahre – Freiheitsentzug. Abgesehen von seinen Straftaten, begründet Ellis die Entscheidung, habe Manafort ein untadeliges Leben geführt.

Kein Wunder, dass es Einspruch hagelt, auch von einigen der prominentesten Rechtsgelehrten des Landes. Ein Mann mit Beziehungen, bestens vernetzt in den konservativen Kreisen der Politik, so der Tenor, werde mit Samthandschuhen angefasst; während andere, weniger Privilegierte die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekämen. Schon lange nicht mehr habe ihn die Vorzugsbehandlung eines "reichen, weißen Burschen" dermaßen angewidert, meldet sich Laurence Tribe zu Wort, Verfassungsrechtler der Universität Harvard, in dessen Vorlesungen auch Barack Obama einst saß.

"Bin wirklich sauer"

"Ich bin wirklich sauer", protestiert Senator Cory Booker, einer der Demokraten, die sich 2020 fürs Oval Office bewerben. "Einer meiner Freunde sagt immer, wir haben ein Justizsystem, das dich besser behandelt, wenn du reich und schuldig bist statt arm und unschuldig."

Die Strafe im Fall Manafort war auch deshalb mit solcher Spannung erwartet worden, weil die USA dem Abschlussbericht Robert Muellers, des Sonderermittlers in der Russlandaffäre, entgegenfiebern. Es war Muellers Team, das Manafort auf die Schliche kam und so viele Beweise sammelte, dass er wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung auf der Anklagebank landete. Um Muellers eigentlichen Auftrag – herauszufinden, ob es zwischen Trumps Team und dem Kreml geheime Deals gab – ging es nicht bei diesem Prozess. Nichts von dem, weshalb Manafort vor Gericht stehe, habe mit Geheimabsprachen mit Moskau zu tun, betonte Ellis.

Gleichwohl erhellte das Verfahren, mit welchen Charakteren Trump sich umgab, als er das Wahlkampffinale gegen Hillary Clinton ansteuerte. Manafort, dem er im Mai 2016 die Leitung seiner Kampagne anvertraute, hatte mit seiner Beratertätigkeit für Viktor Janukowitsch, den prorussischen Präsidenten der Ukraine, enorme Summen verdient. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft kassierte er rund 60 Millionen Dollar dafür, dass er Janukowitsch ein im Westen akzeptables Image verpasste.

Das Geld parkte er zumeist auf Offshorekonten, auf Zypern wie in der Karibik. Ab und zu überwies er Tranchen in die USA, um in New York Immobilien zu kaufen und in den teuersten Boutiquen Maßanzüge zu bestellen. Oder einmal auch, wohl um zu zeigen, dass er sich Extravagantes leisten kann: eine Straußenlederjacke. (Frank Herrmann aus Washington, 9.3.2019)