Wien – Der freiheitliche Abgeordnete Wolfgang Zanger war im Februar 2017 ganz außer sich. Die rot-schwarze Regierung habe im Jahr davor "immense Summen" für Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Informationsarbeit" ausgegeben, schrieb der Blaue in einer Aussendung.

Als immens wertete er den Betrag von 27 Millionen Euro, den er auf Basis einer parlamentarischen Anfragenserie errechnet haben wollte und der beinahe die gleiche Summe gewesen sei wie in den beiden Jahren davor. Was Zanger besonders aufregte: Der damalige Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hatte die 2016 in Kraft getretene Steuerreform massiv beworben. Da die Steuerzahler die Entlastung ohnehin "direkt im Geldbörsel" spürten, brauche man nicht noch extra "Selbst-Lobpreisung seitens der Regierung", schlussfolgerte Zanger.

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Reden in der Öffentlichkeit gerne vom "Sparen im System": Kanzler Sebastian Kurz und sein Vize Heinz-Christian Strache.
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Ein kleiner Rechenfehler

Heute ist die FPÖ in der Regierung, und nun bringt die SPÖ laufend Anfragen zu den Kosten der türkis-blauen Koalition ein. Der rote Abgeordnete Philip Kucher hat den Ministerien die gleiche Frage gestellt wie seinerzeit FPÖ-Mann Zanger. Nämlich: Wie viel gaben diese 2018 für Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Informationskampagnen aus?

Die Antworten sollten also vergleichbar sein. Zumindest weitgehend: Zanger passierte nämlich ein Rechenfehler. Beim Innenministerium gab er die Gesamtausgaben mit "fast sieben Millionen" an, obwohl es tatsächlich nur 3,6 Millionen waren. Die Ausgaben lagen also 2016 bei rund 23 Millionen, wobei allerdings der Wert für das Kanzleramt von Christian Kern (SPÖ) fehlte, weil Zanger das nicht extra abgefragt hatte.

Löger an der Spitze

Aber egal, wie man rechnet, die aktuelle türkis-blaue Regierung gab in ihrem ersten Jahr noch deutlich mehr für die Öffentlichkeitsarbeit aus. Kuchers Anfrageserie ergab eine Summe von 44,8 Millionen Euro. Die Verteilung zwischen ÖVP- und FPÖ-geführten Ressorts zeigt diese Grafik:

Mit Abstand am meisten wendete Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) auf, der vor allem für den heuer in Kraft getretenen Familienbonus breitflächig Werbung schaltete. Zum Vergleich: Der von der FPÖ kritisierte Schelling hatte Ausgaben von 1,9 Millionen Euro zu verzeichnen. Bei seinem Nachfolger waren es im Vorjahr 10,8 Millionen Euro.

Die Ausgaben der ÖVP-geführten Ressorts im Detail zeigt diese Grafik:

Die FPÖ-geführten Ressorts gaben folgende Summen aus:

Noch mehr für Verteidigungsressort

Das Verteidigungsministerium, das schon in der Vorgängerregierung mit beachtlichen 5,2 Millionen Euro an PR-Ausgaben auffiel, erhöhte seine Aufwendungen unter Mario Kunasek (FPÖ) noch einmal kräftig – auf 7,3 Millionen Euro. Ins Auge sticht dabei, dass dutzende Schaltungen auf weniger bekannten Onlineseiten für wenige tausend Euro erfolgten.

In der offiziellen Medientransparenzdatenbank, die öffentliche Stellen seit 2012 befüllen müssen, scheinen diese Beträge daher nicht auf. Dort müssen Aufträge bis zu einer Bagatellgrenze von 5000 Euro pro Quartal nicht gemeldet werden, was vom Rechnungshof auch bereits kritisiert wurde.

Nicht alles in der Datenbank

Da in der Medientransparenzdatenbank, die demnächst ihre Zahlen für das vierte Quartal 2018 vorlegen wird, zudem nicht alle Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit enthalten sind, ergeben sich also deutliche Unterschiede zu den Antworten auf die parlamentarischen Anfragen. Ein konkretes Beispiel: In die Datenbank wurden von den Ministerien im dritten Quartal 6,5 Millionen Euro eingemeldet, die gesamten Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit betrugen laut den neuen parlamentarischen Anfragen aber mehr als elf Millionen Euro.

Im Vergleich der Ressorts liegt das Kanzleramt von ÖVP-Chef Sebastian Kurz auf Platz drei – mit knapp 5,6 Millionen Euro. Dahinter folgt das Innenministerium von Herbert Kickl. Der blaue Ressortchef schaltet, wie auch andere FPÖ-Minister, vereinzelt in rechten Medien wie "Wochenblick" und "Alles Roger", die wiederholt vom Presserat verurteilt wurden. Freilich werden "Kronen Zeitung" und "Österreich", die den Presserat nicht anerkennen, noch deutlich häufiger verurteilt.

SPÖ-Mandatar Kucher hält jedenfalls fest: "Während man bei arbeitslosen Menschen kürzt, spielt Geld bei der schwarz-blauen Eigen-PR keine Rolle. Nach Rekordausgaben für die politischen Büros zeigt sich auch bei den PR-Ausgaben, was vom schwarz-blauen‚ Sparen im System‘ zu halten ist."(Günther Oswald, 10.3.2019)