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Brüssel/Budapest – Die nationalkonservative ungarische Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán hat am Sonntag mit neuen Breitseiten gegen die EU für Aufsehen gesorgt. Außenminister Péter Szijjártó warf der EU-Kommission bei einer Pressekonferenz in Dunakeszi nahe Budapest vor, in geheimer Aktion daran zu arbeiten, den UN-Migrationspakt für alle EU-Mitgliedsstaaten verbindlich zu machen.

Laut Geheimdokumenten, die dem Staatsfernsehen M1 zugespielt worden seien, werde der Juristische Dienst der EU-Kommission den Mitgliedsstaaten demnächst darlegen, dass durch bestimmte internationale Verträge der Migrationspakt für alle EU-Staaten bindend sei, behauptete der Politiker der in der EU umstrittenen Regierungspartei Fidesz. Das werde auch für jene neun Mitgliedsländer – darunter Ungarn und Österreich – gelten, die den Pakt nicht unterzeichnet haben.

"Kein einziges Wort glauben"

Dabei hätten alle "Pro-Einwanderungs-Politiker" in der Debatte um den Migrationspakt behauptet, dieser werde nicht bindend sein, kritisierte der Außenminister laut ungarischer Nachrichtenagentur MTI und legte gleich ein Schäuferl nach. "Die bisher größte Lüge Brüssels wurde entlarvt", tönte Szijjártó , "diesen Politikern kann man kein einziges Wort glauben!" Die ungarische Regierung wollte noch am Sonntag veranlassen, dass die Europäische Kommission im Rahmen des EU-Außenministerrats am 18. März Rechenschaft über ihre Geheimpläne ablegen müsse. Die ungarische Regierung fordere die EU-Kommission auf, die "Geheimpläne" zu beenden und alle einschlägigen Dokumente zu veröffentlichen, betonte der Außenminister.

Der rechtskonservativen Fidesz-Partei droht wegen einer Plakatkampagne kurz vor der Europawahl im Mai ein Ausschluss aus der EVP (Europäische Volkspartei). Die Abstimmung darüber ist für den 20. März angesetzt. In der Plakatkampagne wirft die Partei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem US-Milliardär George Soros die bewusste Förderung illegaler Einwanderung in die EU vor.

EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber machte den Verbleib von Fidesz in seiner Fraktion im Europaparlament davon abhängig, dass sich Orbán zu europäischen Werten bekennt, die Plakataktion einstellt und sich dafür entschuldigt sowie den Verbleib der von Soros unterstützten Zentraleuropäischen Universität (CEU) in Budapest zusagt.

ENF ante Portas

Als Reaktion darauf brachte Orbán am Freitag den freiwilligen Rückzug seiner Partei ins Gespräch. Sollte seine Partei aus der konservativen europäischen Parteienfamilie ausscheiden, würde er zunächst mit Polens rechtsnationaler Regierungspartei PiS über eine Zusammenarbeit beraten, sagte Orbán. Während ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz sich in der Debatte hinter Weber stellte, erklärte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, dass er sich eine Fraktionsgemeinschaft der FPÖ mit der Fidesz nach der Europawahl vorstellen könne. Dies sei aber derzeit "noch Theorie". Die FPÖ ist Mitglied der rechten Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF). (APA, 10.3.2019)