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Für den türkischen Fremdenverkehr (im Bild Antalya), sind die Deviseneinnahmen wichtig. Daher kommt die Reisewarnung Deutschlands ungelegen: Derzeit werden viele Sommerurlaube gebucht.

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Jetzt ist offiziell, was Analysten und Organisationen wie die Weltbank seit Monaten angekündigt hatten. Die türkische Wirtschaft ist in der Rezession – das "R-Wort" wird offiziell vergeben, wenn das Wachstum in zwei aufeinander folgenden Quartalen negativ ist.

Bemerkbar macht sich die Krise im Land schon lange. Die Arbeitslosigkeit ist auf über zwölf Prozent gestiegen. Zu schaffen machen der Bevölkerung die gestiegenen Lebensmittelpreise. Für ein Kilo Zwiebeln müssen die Verbraucher zum Teil doppelt so viel bezahlen wie noch vor einem Jahr. Schuld daran sind eine miese Ernte, aber auch gestiegene Kosten für Diesel und Düngemittel.

Inflation angeheizt

Und das wiederum liegt an einer Finanzkrise, die zum Teil hausgemacht ist. Im vergangenen Sommer stritt sich Präsident Tayyip Erdoğan mit dem ihm im Temperament nicht unähnlichen Donald Trump um einen in der Türkei inhaftierten Pastor. Trump kündigte Wirtschaftssanktionen an, woraufhin die türkische Lira, ohnehin schon wegen der Zinswende in den USA unter Druck, in den Keller rauschte. Unter den Folgen leidet die türkische Wirtschaft bis heute: Importgüter verteuerten sich, was die Inflation anheizte.

Erdoğan kommt das äußerst ungelegen. Denn am 31. März finden in der Türkei Kommunalwahlen statt. Die sind bedeutender, als es klingt. Denn die Wenden in der türkischen Politik wurden oft durch neue Machtverhältnisse in den Metropolen Ankara und Istanbul eingeleitet. Darauf reagiert die türkische Politik traditionell mit Härte nach außen. Nur so ist zu erklären, warum jüngst zwei deutsche Journalisten das Land verlassen mussten. Dem Korrespondenten des Tagesspiegel und des ZDF sowie einem dritten deutschen Journalisten wurde die für den Aufenthalt notwendige Pressekarte verweigert. Eine Begründung seitens des türkischen Presseamtes blieb aus.

Reisewarnungen in Deutschland

Deswegen und weil Innenminister Soylu vergangene Woche, getönt hatte, ausländische Bürger, die in ihren Heimatländern PKK-Veranstaltungen besuchen, müssten mit einer Festnahme rechnen, hat das deutsche Auswärtige Amt die Reisewarnungen für die Türkei nun verschärft. Ein Schritt, der die türkische Wirtschaft abermals belasten dürfte. Schließlich beginnt bald die Urlaubssaison. Es müsse davon ausgegangen werden, dass auch nichtöffentliche Kommentare in sozialen Medien etwa durch anonyme Denunziation an die türkischen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden. Betroffen sein könnten etwa deutsche Staatsangehörige mit engen privaten und persönlichen Bindungen in die Türkei sowie Personen, die neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, warnt das deutsche Außenamt.

Wie es nach den Kommunalwahlen am 31. März mit der türkischen Wirtschaft weitergeht, ist kritisch. Zwar verkündete Finanzminister Berat Albayrak, das Schlimmste sei schon überstanden und spekulative Attacken aus dem Ausland seien abgewehrt. Doch viele Beobachter sehen einen Kredit des Internationalen Währungsfonds als einzige Möglichkeit, Währung und Wirtschaft aus der Negativspirale zu holen. Das aber hat Präsident Erdoğan bisher kategorisch ausgeschlossen.

Österreicher ist gelassener

Die Reiseinformation des österreichischen Außenministeriums ist seit 8. Jänner unverändert. Es gibt eine partielle Reisewarnung für den Ostteil der Türkei, für das Grenzgebiet zu Syrien. Dies habe zumindest bis jetzt "keine Auswirkung auf die Reiselust der Österreicher Richtung Türkei", wie Josef Peterleithner, Chef des Reisebüroverbands, dem STANDARD sagte. "Die klassischen Urlaubsziele der Österreicher an der türkischen Riviera rund um Antalya sind irrsinnig weit weg." Wenn die Nachfrage so anhalte, könnten die Rekordstände von Österreich-Urlaubern in der Türkei 2020, spätestens 2021 wieder erreicht werden.

Heuer rechneten Veranstalter quer durch die Bank mit 50 bis 70 Prozent mehr Gästen aus Österreich, nachdem es bereits im vergangenen Jahr ein Plus von 50 bis 60 Prozent gegeben hatte. (Philipp Mattheis, Günther Strobl, 12.3.2019)