Brüssel – Die EU will Hilfsgelder in Milliardenhöhe für Syrien sammeln. In einer am Dienstag beginnenden dreitägigen Geberkonferenz in Brüssel kommen Vertreter von rund 85 Ländern zusammen. Die EU und die Vereinten Nationen organisieren die Konferenz gemeinsam, Kritik kam im Vorfeld von Hilfsorganisationen. Die Erneuerung lebenswichtiger Infrastruktur in Syrien wird laut Oxfam zu wenig gefördert.

In Syrien herrscht seit acht Jahren Bürgerkrieg, mehr als fünf Millionen Menschen sind geflohen. Im vergangenen Jahr hatte Machthaber Bashar al-Assad fast das ganze Land von Rebellen und Kämpfern der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zurückerobert. Dabei wurde er von Russland unterstützt. Nun müssen viele Menschen zwar nicht mehr täglich fürchten, von einer Bombe getroffen zu werden. Doch nach UNO-Angaben sind immer noch rund 13 Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die meisten von ihnen leben in Gebieten, die Assads Regierung kontrolliert.

Kritik

Die Syrien-Geberkonferenz findet nun zum siebenten Mal statt. Doch die Hilfe stößt auch auf Kritik. Die Hilfsorganisation Oxfam wirft den Geldgebern in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht vor, die Erneuerung lebenswichtiger Infrastruktur zu wenig zu fördern. Aus Angst, damit möglicherweise Assad zu helfen, würden sie stattdessen hauptsächlich kurzfristige Nothilfe leisten.

Als Beispiel nennt Oxfam, dass Geldgeber eher das Verteilen von Broten unterstützten als die Wiederherstellung der Stromversorgung einer Bäckerei. Ein weiteres Beispiel sei, dass Wasser in großen Mengen hergeschafft werde statt einen Brunnen zu reparieren. Diese Art der Hilfe orientiere sich nicht an den Bedürfnissen der Menschen, kritisierte Oxfam. "Sie wollen nicht immer nur Dinge bekommen, sondern ihre Leben wieder aufbauen und für sich selbst sorgen", sagte der Syrien-Verantwortliche Moutaz Adham.

"Unsere Bedingung ist sehr klar"

Die EU hingegen argumentiert, dass sie mit ihrer Entwicklungshilfe auf keinen Fall Assad unterstützen wolle. "Unsere Bedingung ist sehr klar", hieß es vor der Konferenz aus EU-Kreisen. "Wir fangen nicht an, Syrien wiederaufzubauen ohne einen sinnvollen politischen Übergang." An diesem Grundsatz dürfe nicht gerüttelt werden. Die EU ist einer der größten Geldgeber Syriens und der Region. Dabei geht es der Staatengemeinschaft auch darum, mehr Leute von einer Flucht nach Europa abzuhalten.

Oxfam zufolge verhindert die Argumentation der Geberländer, jene Art humanitärer Hilfe in Syrien zu leisten, wie sie sonst auch in anderen Ländern nach Konflikten geboten würde. "Wir sind hier, um sicherzustellen, dass die Kinder in einem Klassenzimmer unterrichtet werden, wo der Regen nicht durch die offenen Fenster bläst und damit kein schmutziges Wasser in die Häuser der Menschen fließt."

Kein Ausweg

Oxfam beklagt zudem – wie auch die Vereinten Nationen –, dass die syrische Regierung Hilfsorganisationen immer wieder den Zugang zur notleidenden Bevölkerung versperrt. Die Gründe dafür seien oft unklar.

Laut der deutschen NGO adopt a revolution hat das Assad-Regime in den vergangenen Jahren internationale Hilfe bei seiner Kriegsführung benutzt. "Damit entlasten UN-Hilfsgelder das Regime, so dass dieses seine Ressourcen auf den Krieg gegen die eigene Bevölkerung konzentrieren kann", hieß es. Auch neue Hilfsgelder, die über die Vereinten Nationen nach Syrien gelangen, würden Günstlingen des Regimes zufließen und Bedürftige nach Maßgaben des Regimes erreichen.

"Einfach Gelder über die UN zu verteilen ist kein Ausweg aus dem Dilemma, dass es das Assad-Regime bestens versteht, Hilfen für die Bevölkerung für seine Zwecke zu entfremden", lautet die Einschätzung der Hilfsorganisation, die von der EU im Vorfeld der Geberkonferenz ein klares Zeichen gegen Wiederaufbauhilfen für das syrische Regime und Unterstützung für Flüchtlinge an deren Zufluchtsorten forderte.

Im vergangenen Jahr versprachen Geldgeber bei dem Treffen Brüssel zunächst 4,3 Milliarden Dollar, gaben dann aber schließlich sechs Milliarden. Aus EU-Kreisen hieß es, man wolle dieses Jahr eine ähnlich hohe Summe erreichen. (APA, 12.3.2019)