Geschichte schreiben. Das ist das Ziel der Organisatoren von Fridays for Future. Und das passiere gerade, sind sich jene Schüler und Studierenden sicher, die hinter der Initiative stehen. Jede Woche streiken sie um fünf vor zwölf für den Klimaschutz. In den Schulen ist die Klimakrise angekommen. Für Freitag hat die Bewegung zum weltweiten Klimastreik aufgerufen. In mehr als 90 Ländern, darunter Schweden, Deutschland und Australien, gehen Jugendliche auf die Straße.

DER STANDARD

In Wien werden die Schüler einander zwischen zehn und elf Uhr an fünf Punkten treffen. Von diesen werden sie sternförmig zum Heldenplatz marschieren. Zu Mittag wird dort eine Kundgebung abgehalten, bevor die Demo gemeinsam über die Ringstraße beim Bundeskanzleramt und vier Ministerien vorbeizieht. "Wir sind mehr als 1000 Einzelinitiativen", berichtete Klimaaktivistin Katharina Rogenhofer am Dienstag vor Journalisten. Zwar sei der Protest in Österreich noch nicht flächendeckend, aber er sei bereits in fast allen Landeshauptstädten angekommen, freut sich die Mitinitiatorin der Wiener Delegation.

"Wir können nicht die Zeit absitzen, bis wir an den politischen Hebeln sitzen", sagte Mitorganisator Johannes Stangl: "Wir müssen jetzt handeln." Denn nur die Politik könne entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, als Einzelner auf Flugreisen oder Fleisch zu verzichten, reiche dem angehenden Physiker nicht. Er will daher die Bundesregierung überzeugen: "Wir sind eine politische Bewegung und keine Spaßbewegung."

Rückhalt von Wissenschafter

Unterstützt werden die Jugendlichen von der Klimaschutzinitiative Scientists 4 Future, der unter anderen die Klimawissenschafterin Helga Kromp-Kolb angehört. Für sie sind die Forderungen der Jungen "vollkommen berechtigt". Die Maßnahmen, die derzeit von der Politik zum Klimaschutz gesetzt werden, würden nicht ausreichen. Mehr als 12.000 Wissenschafter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unterstützen in einem Schreiben die Forderungen von Fridays for Future.

Jeden Freitag um fünf vor zwölf streiken Schüler in Österreich für das Klima.
Foto: Christian Fischer

"Wir fahren gerade unsere Erde an die Wand und geben auch noch Gas dabei", betonte Klement Tockner, Präsident des Wissenschaftsfonds. Und: "Wir müssen uns bewusst machen, dass wir auf Kosten unserer Kinder leben. Das ist unverantwortlich." Er sprach den streikenden Jugendlichen den "größten Respekt" aus. Schließlich liefere die Wissenschaft die Grundlagen, doch: "Die Schüler schaffen die Aufmerksamkeit."

Und diese brauche es dringend, befand auch Michael Staudinger, der Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): "Die Erderwärmung ist ein Fakt, keine Frage der Ideologie." Zwar sei es "Konsens, dass die Klimakrise existiert und vom Menschen gemacht ist", doch nur 30 Prozent würden sich laut Studien mitverantwortlich sehen, kritisierte Staudinger. Der Temperaturanstieg zeige sich nicht nur in der Zunahme von Extremwetterphänomenen, auch die Zahl der Hitzetoten überstieg zuletzt laut Staudinger mit über 600 jene der Verkehrstoten. "Wenn jemand an Kreislaufversagen wegen der Hitze stirbt, kommt kein Kamerateam und berichtet darüber."

Verpasster Unterricht

Doch was passiert mit den versäumten Schulstunden? Im neunten Abschnitt regelt das österreichische Schulunterrichtsgesetz das Fernbleiben der Schüler vom Unterricht. Das Fehlen ist nur erlaubt bei gerechtfertigter Verhinderung, also bei Krankheit, außergewöhnlichen Ereignissen oder wenn die Gesundheit gefährdet sein könnte. Zudem ist das Fernbleiben "aus wichtigen Gründen" für bis zu einen Tag entschuldigt, wenn es der Klassenvorstand erlaubt. Ein längerer Zeitraum kann von den Schulleitern entschuldigt werden.

Diese Woche ist am Freitag eine Großdemo angesetzt.
Foto: Christian Fischer

Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Order von den Bildungsdirektionen. Für jene in Niederösterreich, Wien, Salzburg und Vorarlberg zählt das Streiken der Schüler nicht als wichtiger Entschuldigungsgrund und der versäumte Unterricht als unentschuldigte Fehlstunden. Die restlichen Bundesländer wollen die Schulen entscheiden lassen.

Wunsch nach Regeln

Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) fordert eine österreichweit einheitliche Regelung: "Man kann nicht junge Menschen, die sich für unsere Zukunft einsetzen, auch noch bestrafen. Das sind keine Schulschwänzer, daher sind die Demostunden auch keine Fehlstunden." Er sieht die Bildungsdirektion gefordert, "rasch für Klarheit zu sorgen". In weiterer Folge liege es dann am Bildungsministerium, den "Schülern entsprechend Rückendeckung zu geben".

Die Konsequenzen für Schüler, die lediglich an der Demo am Freitag teilnehmen, sind allerdings gering: Fünf Schultage oder 30 unentschuldigte Unterrichtsstunden darf man derzeit sammeln. Dann droht jedoch die Abmeldung von der Schule.

Aktion im EU-Parlament

Mit lautstarken Rufen haben am Mittwoch Klimaaktivisten ihren Protest ins EU-Parlament getragen. Mehrere Dutzend Jugendliche skandierten am Mittwoch von den Zuschauerrängen aus auf Englisch: "Was wollen wir? Klima-Gerechtigkeit! Wann wollen wir sie? Jetzt!" Zuvor hatte die Europaabgeordneten über den Klimawandel debattiert. (Oona Kroisleitner, Markus Rohrhofer, 13.3.2019)