Seit drei Jahren sind die AktivistInnen des Frauenvolksbegehrens im Einsatz.

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Es war vorerst der letzte wichtige Termin für die Aktivistinnen des Frauenvolksbegehrens. Drei Jahre nach dem ersten Pressetermin des "neuen" Volksbegehrens – und somit dreiundzwanzig Jahre nach dem "alten" – fand der zweite Gleichbehandlungsausschuss mit ExpertInnenhearings statt. Wegen des großen Interesses der Öffentlichkeit konnten die AktivistInnen des Frauenvolksbegehrens durchsetzen, dass die Debatte dieses Mal im Großen Redoutensaal in der Hofburg stattfand, der derzeit als Plenarsaal des Nationalrats dient.

481.906 Personen haben das Frauenvolksbegehren unterschrieben, konkrete politische Konsequenzen wird es allerdings nicht geben. So viel stand schon vor dem Hearing am Dienstag fest, an dem die Forderungen des Frauenvolksbegehrens zu Selbstbestimmung, Gewaltschutz, Geschlechterstereotype und zur geforderten Anerkennung von geschlechterspezifischen Fluchtgründen debattiert wurden.

Video von dem Gleichbehandlungsausschuss im Parlament
DER STANDARD

Werbeverbot als "ästhetische Zensur"

Die große Kluft zwischen den Parteien wie auch zwischen den eingeladenen Expertinnen zog sich durch alle Themenbereiche. Besonders eindrücklich zeigte sich dies gleich zu Beginn bei dem Thema der Geschlechterstereotype. Während die von der Liste Jetzt und SPÖ eingeladenen ExpertInnen Geschlechterstereotypen als Einengung und Sexismus – etwa in der Werbung – fokussierten, sorgte sich Susanne Fürst (FPÖ) um die gänzliche Auslöschung strikter Geschlechterrollen. Buben und Mädchen würden sich heute schon gar nicht mehr trauen, sich auf ein Geschlecht "festzulegen". Die von den Neos eingeladene Katja Wagner, "Krone"-Kolumnistin und Kosmetikstudio-Betreiberin, führte gegen ein gesetzliches Verbot von sexistischer Werbung eine "ästhetische Zensur" ins Feld. Ein Verbot sexistischer Sujets forderte hingegen die Juristin Maria Lee-Nowotny. Nicht zuletzt zur Gewaltprävention, wie auch die Soziologin Laura Wiesböck später beim Themenschwerpunkt zu Gewalt anmerkte: Frauen als Ding zu betrachten, das sei schon eine Bedingung für Gewalt.

Progressive Sexualpädagogik

Die Forderung nach "Selbstbestimmung" wollte Schifteh Hashemi in der Diskussion nicht auf Schwangerschaftsabbrüche reduziert wissen. Selbstbestimmung über den Körper beginne schon damit, überhaupt zu wissen, was wie heißt. "Meine Damen und Herren, es ist die Vulva." Sie selbst habe in der Schule diesen Begriff nie gehört und forderte neue Ansätze in der Sexualpädagogik im Unterricht. Letztendlich verharrte die Debatte über die Forderungen auf Selbstbestimmung aber doch vorwiegend bei Fragen zum Schwangerschaftsabbruch.

Angesichts der jüngsten Debatten rund um die Bürgerinitiative "fairändern" betonten die VertreterInnen von ÖVP und FPÖ, die Fristenregelung werde nicht angetastet. Dennoch bestehen noch immer Hürden, kritisiert Claudia Gamon und führt Vorarlberg als Beispiel an, wo in keinem öffentlichen Spital Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Gamon kritisiert auch die "radikalen Positionen" von Gudrun Kugler (ÖVP). Diese gab den AktivistInnen zu bedenken: "Mehr als die Hälfte der abgetriebenen Kinder sind Frauen."

Beim Thema Gewalt sahen alle Parteien und alle ExpertInnen Handlungsbedarf. Barbara Ille von der Interventionsstelle gegen Gewalt zeigte sich über die Entwicklung besorgt, dass die Betretungsverbote zurückgegangen sind, während die Gewalt an Frauen angestiegen ist. "Gewaltschutz funktioniert in Österreich nicht", so lautete das Urteil der Soziologin Laura Wiesböck. In zwei von drei Fällen eines Frauenmordes hätten die Frauen bereits eine Bedrohung gemeldet.

Geschlechterspezifische Fluchtgründe

Das letzte Thema des Ausschusses betraf geschlechterspezifische Fluchtgründe, deren Berücksichtigung das Frauenvolksbegehren fordert. Ina Holzinger von Bundesministerium für Inneres sieht keinen Handlungsbedarf. Aufgrund der Bestimmung, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe als Fluchtgrund angeführt sei, reiche das auch für Homosexuelle und Frauen aus. Marty Huber sieht allerdings vor dem Hintergrund ihrer Arbeit für den Verein "Queer Base", der geflüchtete Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Interpersonen unterstützt, schwere Defizite beim Schutz von Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität geflohen sind.

Christian Berger vom Frauenvolksbegehren plädierte zum Schluss des Ausschusses noch einmal für die politische Umsetzung. "Die allermeisten Forderungen sind nicht radikal, sie können Sie ganz ohne Revolution umsetzen." Seine Mitstreiterin Schifteh Hashemi betonte, sie habe die Kritik, die Forderungen seien utopisch, nie also solche gesehen. "Politik bedeutet, Konzepte für eine bessere Zukunft zu gestalten." Man habe aber immer gewusst, dass viele der Forderungen in Schubladen landen könnten.

Frauenvolksbegehren als Idee

Gegen Ende des Ausschusses wurde einer von drei eingebrachten Anträgen angenommen. Vonseiten der SPÖ zur konkreten Umsetzung einiger Forderungen des Frauenvolksbegehrens und ein weiterer von der SPÖ zur Fortführung des Nationalen Aktionsplanes zum Schutz von Frauen vor Gewalt – beide wurden abgelehnt. Angenommen wurde der Antrag der FPÖ zum Thema "Sicherheit der Frauen in Österreich".

Schublade oder nicht. Das Frauenvolksbegehren soll als Idee, Aufruf, als Vision für ein gutes Leben für alle weiterbestehen, so die VertreterInnen des Frauenvolksbegehrens abschließend. Und an die anwesenden PolitikerInnen gerichtet: "Wir werden Ihnen weiterhin auf die Finger schauen, das ist keine Drohung, sondern ein solidarisches Versprechen." (Beate Hausbichler, 12.3.2019)