Straßburg/Rom – EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani hat sich für seine Bemerkung über "einige positive Dinge" des faschistischen italienischen Diktators Benito Mussolini am Donnerstag entschuldigt. "Als überzeugter Antifaschist entschuldige ich mich bei allen, die sich durch das Gesagte verletzt fühlten".

Auf keinen Fall habe er beabsichtigt, ein antidemokratisches und totalitäres Regime zu verharmlosen, versicherte der Römer, der 1994 mit Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi die rechtskonservative Partei Forza Italia gegründet hatte.

Tajani hatte mit einem Interview mit dem italienischen Radiosender Radio24 Empörung ausgelöst. Er meinte, Mussolini habe vor der Einführung der Rassengesetze und vor der Kriegserklärung "an die ganze Welt" auch "einige positive Dinge getan". Mussolini war von 1922 bis 1943 in Italien an der Macht und trat 1940 an der Seite der Nationalsozialisten unter Adolf Hitler in den Zweiten Weltkrieg ein.

In einer schriftlichen Erklärung aus dem Europaparlament in Straßburg teilte Tajani am Donnerstag mit, er sei "tief traurig, dass trotz meiner persönlichen und politischen Geschichte einige glauben könnten, dass ich nachsichtig im Hinblick auf den Faschismus sein könnte. Ich war immer mit ganzem Herzen ein Antifaschist. Ich habe immer betont, dass Mussolini und der Faschismus die dunkelsten Kapitel in der Geschichte des vergangenen Jahrhunderts waren, ohne irgendeine Unterscheidung".

Außerdem, so Tajani, "habe ich immer gegen jede Form von Diktatur oder Totalitarismus gekämpft. Wie ich vergangenen Oktober im Plenum betonte, wurde Europa auf der Niederlage des Faschismus aufgebaut und ist das stärkste Bollwerk gegen jede Form von Totalitarismus".

Kritik hatte er unter anderem von Italiens oppositionellen Sozialdemokraten (PD, Partito Democratico), sowie vom Partisanenverband ANPI hinnehmen müssen. Auch Josef Weidenholzer, Vizepräsident der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, verlangte eine Klarstellung. "Tajanis Aussagen sind eine Beleidigung für die Millionen Opfer des Zweiten Weltkriegs und der faschistischen Vernichtungsindustrie und zeugt von mangelndem Geschichtsbewusstsein. Das ist eines Präsidenten der einzigen direkt gewählten EU-Institution unwürdig", erklärte Weidenholzer am Donnerstagvormittag in einer Aussendung.

Die Grünen hatten in einer Aussendung sogar Tajanis Rücktritt gefordert. "Tajani muss seine Verharmlosungen zu Mussolini zurücknehmen. Ansonsten muss er sofort zurücktreten", betonte der designierte EU-Spitzenkandidat, Bundessprecher Werner Kogler. Es gebe keine Grauzone in der Bewertung von Mussolinis Taten.

Michel Reimon, Co-Delegationsleiter der Grünen im europäischen Parlament, meinte, Tajani sei als Präsident des Europaparlaments untragbar. "Er rückt mit dem Sager bewusst weiter nach rechts, um sich jetzt schon mit den Rechtsextremen gut zu stellen", so Reimon. Die Rechtsextremen würden so europaweit die Konservativen übernehmen.

Der Fall zeigt ein breiteres Problem auf: Kritiker werfen Italien seit langem mangelnde Aufarbeitung des Faschismus vor. Im ganzen Land kann man zum Beispiel noch Mussolini-Memorabilia kaufen. Auch gibt es vielerorts noch "Duce"-Denkmäler. Berlusconi hatte 2013 am Holocaust-Gedenktag gesagt, dass Mussolini viele Dinge gut gemacht habe.

Tajani selbst hatte erst Anfang Februar für einen weiteren Eklat gesorgt: Bei einer Gedenkfeier für die Opfer der sogenannten Foibe-Massaker, bei denen im und nach dem Zweiten Weltkrieg viele Italiener umkamen, sagte er unter anderem, "es lebe das italienische Istrien" und "es lebe das italienische Dalmatien". Das sorgte in Kroatien und Slowenien für Empörung; kroatische und slowenische Politiker warfen Tajani Geschichtsrevisionismus vor.

Istrien und Dalmatien waren nach dem Ersten Weltkrieg unter italienischer Herrschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren sie Teil Jugoslawiens. Seit dem Zerfall Jugoslawiens gehören sie seit 1991 zu Slowenien und Kroatien. Es lebt dort immer noch eine italienische Minderheit. (APA, dpa, 14.3.2019)