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"Ich werd' wahnsinnig", blafft mich der Kollege an, mit dem ich sonst kaum was zu tun habe. "Meine Hupe ist hin. Ich dreh durch." Er fuchtelt vor meinem Schreibtisch herum wie ein Ertrinkender. "Meine Kinder fürchten sich schon vor mir, weil ich jetzt beim Fahren noch mehr fluche und ständig schreie." Zudem mache es ihn fertig, dass er verschiedene Worte und manche Anweisung, die er anderen Verkehrsteilnehmern mit auf die Reise gebe, den Kindern haargenau erklären müsse. Und er fürchtet den nächsten Elternsprechtag, weil seine Fratzen das neue Vokabular wohl ausnahmslos vor den Schulkollegen zum Besten geben. Ich könne ihm jetzt auf die Schnelle aber auch nicht helfen, sagte ich ihm. Doch daran war ihm gar nicht gelegen.

Sag es durch die Hupe. Aggression im Straßenverkehr kann man manchmal sogar hören.
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Allein darüber reden zu können war ihm Erleichterung genug. Gerade mir erzählt er das, mir, einem, der so gut wie nie auf die Hupe drückt. Vor mir können Sie sogar an der grünen Ampel stehen, ohne behelligt zu werden, ich hupe nicht, wenn man mir den Vorrang nimmt, nicht, wenn man mich schneidet. Angefangen hat alles damit, dass in einem meiner Autos eine Zeitlang die Hupe defekt war. Erst kam ich nicht dazu, sie zu reparieren, dann fand ich den Fehler nicht. Erst als mir, nach gut einem halben Jahr, ein Mechaniker zu Hilfe kam, funktionierte sie wieder. Inzwischen hatte ich mir die Huperei komplett abgewöhnt. So kam ich bei einem anderen Auto erst beim Pickerlmachen drauf, dass dort die Hupe auch nicht ging.

Internationales

Von den Italienern sagt man, dass, wenn ihr Auto defekte Bremsen habe, Sie sich einen Kostenvoranschlag machen ließen und sich dann um die Hälfte des Geldes eine bessere Hupe kaufen würden. Auf den Philippinen wird quasi permanent gehupt. Aber nicht, um den anderen zu belehren oder zurechtzuweisen, sondern nur um zu sagen: He, ich komm jetzt. Das heißt, beim Überholen wird nicht geblinkt, sondern gehupt. Wenn man aus einer Einfahrt rausfährt, wird nicht geschaut, sondern gehupt. Auch vor Kreuzungen hält man nicht an, sondern hupt. Hupt dann noch wer, ist klar, dass man doch mehr tun muss, als nur stur weiterzufahren. Wer dort keine Hupe hat, hat einfach Nachrang.

"Aufgrund des § 43 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit § 94b Abs. 1 lit. b der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159, in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012, wird verordnet:
Artikel I, § 1, Die Betätigung der Vorrichtungen zur Abgabe von Schallzeichen ist in den Ortsgebieten Wien und Wien-Süßenbrunn verboten. Dieses Verbot gilt nicht, wenn ein solches Zeichen das einzige Mittel ist, um Gefahren von Personen abzuwenden."
Magistrat der Stadt Wien
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In Wien geht das so natürlich nicht. In Wien gibt es ja ein Hupverbot. Hupen darf man also nur, wenn es "das einzige Mittel ist, um Gefahren von Personen abzuwenden". Sie finden, das merkt man nicht? Dann fahren Sie selten bei unseren südlichen Nachbarn, hm? Obwohl, rein subjektiv habe ich auch das Gefühl, dass am Land weniger gehupt wird als in der Stadt. Aber das hängt wohl vorwiegend damit zusammen, dass in der Stadt mehr Verkehr ist. Und je mehr Leut' auf einem Haufen sind, desto eher trifft man auch auf einen Vollpfosten. Es ist dies eines der wenigen mathematischen Grundgesetze, die ich beherrsche. Und nein, ich erkläre Ihnen an dieser Stelle sicher nicht, wer die Idioten sind. Die, die mit Fäusten auf die Hupe schlagen, sobald ein anderer Verkehrsteilnehmer auch nur den geringsten Fehler macht, oder die Ignoranten, die so deppert fahren, dass man sie kollektiv in Grund und Boden hupen muss – das entscheiden Sie jetzt bitte selbst.

Jetzt sind Sie dran:

Wie schnell drücken Sie auf die Hupe? Sind Sie eher der gelassene Typ oder jemand, der auf die Hupe schlägt? Nervt es Sie, wenn Sie angehupt werden? Was muss passieren, damit Sie auf die Hupe drücken? Was ist schon passiert, dass Sie angehupt wurden? Haben Sie durch Hupen schon einmal einen Unfall verhindert? Was machen Sie, wenn einer vor Ihnen an der grünen Ampel steht und es nicht sieht, weil er statt des Lenkrads das Telefon in den Krakeln hat oder übersehen hat, dass es eine eigene Ampel für die Abbiegespur gibt? (Guido Gluschitsch, 15.3.2019)