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Britische Fallschirmjäger gingen am "Blutigen Sonntag" 1972 gegen Demonstranten vor.

Foto: PA via AP, File

Angehörige der erschossenen Demonstranten demonstrierten am Donnerstag in Derry.

Londonderry/London/Belfast – Nur ein ehemaliger britischer Soldat, der am "Blutsonntag" 1972 in der nordirischen Stadt Londonderry beteiligt war, muss sich wegen zweifachen Mordes vor Gericht verantworten. Zudem wird ihm versuchter Mord in weiteren vier Fällen vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft in Nordirland am Donnerstag bei einem Treffen mit Angehörigen der Opfer bekanntgab.

Gegen 18 weitere Verdächtige gibt es demnach nicht genügend Beweismaterial, um eine Strafverfolgung zu rechtfertigen. So werden manche Militärs nur durch ihre eigenen Aussagen belastet, die aber nicht gegen sie verwendet werden dürfen.

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft gilt als bedeutender Schritt in der Aufarbeitung des Nordirlandkonflikts.

13 Demonstranten erschossen

Das Jahr 1972 war eines der blutigsten im Konflikt um Nordirland. Britische Fallschirmjäger erschossen am 30. Jänner, dem "Bloody Sunday" von Londonderry (Derry), in der nordirischen Stadt 13 katholische Demonstranten. Ein weiterer starb Monate später an seinen Verletzungen. Als Folge verschärfte sich der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten. Aus Vergeltung verübte die irisch-republikanische Untergrundorganisation IRA in den Monaten danach mehrere Anschläge.

In dem über Jahrzehnte währenden Konflikt standen katholische Nationalisten, die eine Vereinigung mit Irland anstreben, protestantischen Unionisten gegenüber, die weiterhin zu Großbritannien gehören wollen.

Studie gegen Notwehr

Der Fall hatte für die verantwortlichen Sicherheitskräfte bisher keine strafrechtlichen Konsequenzen. Eine von der britischen Regierung eingesetzte Kommission kam wenig später zu dem Schluss, die Elitesoldaten hätten in Notwehr gehandelt. Auch ein britisches Gericht wertete das Vorgehen der Soldaten als legitime Notwehr gegen irische Terroristen.

Die 2010 nach zwölf Jahre dauernden Ermittlungen veröffentlichte Studie Lord Savilles war dagegen zu dem Schluss gekommen, dass die Schüsse am Blutsonntag nicht gerechtfertigt waren. So hatte keiner der 14 getöteten Demonstranten eine Schusswaffe getragen, es wurde keine Warnung ausgegeben und es habe keine Gefahr für die Soldaten gegeben, die das Feuer eröffneten.

Die britische Nordirland-Ministerin Karen Bradley hatte erst kürzlich für heftige Proteste gesorgt, weil sie im Londoner Parlament erklärt hatte, dass Tötungen durch britische Soldaten und Polizei im Nordirlandkonflikt nicht als Verbrechen zu werten seien. (red, APA, 14.3.2019)