Das Logo des ORF-Umweltschwerpunkts.

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Wien – Der ORF-Publikumsrat nimmt sich die ORF-Aktion "Mutter Erde" und den dafür gegründeten Verein und seine Gebarung vor. Donnerstag gab es erhebliche Kritik an der Konstruktion – nicht zum ersten Mal, aber diesmal mit einer Prüf-Empfehlung. Ziel der Kritik Ein Verein von Greenpeace, Global 2000, WWF und ORF – 'Wir für die Welt' – bestimme die Themen der Umwelt-Schwerpunktberichterstattung des ORF im Rahmen der Initiative "Mutter Erde".

Es ist mit dem ORF-Gesetz unvereinbar, dass ein Verein die Themen für eine Umweltaktion des ORF setzt, sagt Gerhard Heilingbrunner, Publikumsrat und Präsident des Kuratoriums Wald, nach der Sitzung des Publikumsrats im Gespräch mit dem STANDARD. Der "exklusive" Verein von drei Umweltorganisationen und ORF habe "mit demokratischen Strukturen nichts zu tun". Der Publikumsrat empfahl am Donnerstag einstimmig einen "breit und vielfältig besetzten Umweltbeirat", um den ORF "in allen Umwelt- und Naturschutzfragen zu beraten".

Stiftungsrat soll prüfen

Der ORF-Stiftungsrat, das wichtigste Kontroll- und Entscheidungsgremium des ORF, möge "die Rolle des ORF als Mitglied des Vereins 'Wir für die Umwelt' überprüfen, heißt es in einer Donnerstag einstimmig beschlossenen Empfehlung der Publikumsräte. Sie lenken den prüfenden Blick auf "größtmögliche redaktionelle Unabhängigkeit in der Programmgestaltung rund um Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen".

"Dies betrifft insbesondere inhaltliche Vorschläge externer Vereine, die zu Themenschwerpunkten im Programm des ORF werden", heißt es in der Empfehlung: Zudem raten die Räte zu einer Werbewertanalyse, "in Zusammenhang mit bisherigen Präsenzen von Sponsoren des Vereins in redaktionellen, der Initiative 'Mutter Erde' zuordenbaren Programmbeiträgen.

Hintergrund dieser Werbewertanalyse dürfte die Finanzierung des Vereins zu "Mutter Erde" sein. Heilingbrunner hat sich die Bilanzen des Vereins näher angesehen und dazu einige kritische Fragen an ORF-Chef Alexander Wrabetz gerichtet. Wrabetz ist zugleich Vereinsobmann und als ORF-Generaldirektor oberster Verantwortlicher auch für die ORF-Information.

Vier Millionen Seher spendeten insgesamt 3645 Euro

Vereinszweck ist laut Statuten, "ausreichende Geldmittel durch Spender und Sponsoren zu lukrieren" und dass die Initiative "in einen jährlichen ORF-Schwerpunkt mündet". Heilingbrunner wundert sich über die geringe Effizienz bei der Spendenakquise: Vier Millionen Zuschauer für "Mutter Erde" stünden etwa 2017 laut Finanzreport des Vereins Spenden von nur 3644,96 Euro gegenüber. Wrabetz zu den überschaubaren Spenden: Im Bereich der Nachhaltigkeit stehe das Sammeln von Spenden nicht so im Vordergrund wie im Sozialbereich.

Aus Sponsoring nahm der Verein 2017 laut Finanzreport 142.300 Euro ein – wohl deshalb wüsste der Publikumsrat gerne, welchen Werbewert die Beiträge dazu hatten.

Heilingbrunner wüsste nun gerne vom ORF-General, warum die Mitglieder ab 2015 keine Mitgliedsbeiträge entrichteten, wofür Rücklagen in der Höhe von 175.000 Euro (2015 bis 2017) verwendet werden, wofür 231.000 Euro an "ungewidmeten Spenden" verwendet werden und an welche Organisationen der Verein wieviel Geld wofür überwiesen hat – 2017 wurden dafür 102.578,86 Euro verbucht.

Wrabetz erklärte, es sei völlig transparent, welche Projekte von "Mutter Erde" unterstützt werden, man fördere "breite Palette von Initiativen". Nachsatz im Publikumsrat: Womöglich hänge das Interesse Heilingbrunners damit zusammen, dass der Verein bisher kein Projekt von dessen Organisation gefördert habe. Heilingbrunner "kann aber wie jeder andere gerne ansuchen".

Heilingbrunner vermisst in den Statuten auch klare Bestimmungen, wonach die Mittel des Vereins bei Auflösung einem steuerlich begünstigten Vereinszweck zugeführt werden.

"Keinerlei Einfluss auf Programm"

Wrabetz erklärt die Idee des Vereins so: Auch weil immer wieder kritisiert wurde, dass der ORF mitunter zu wenig Mitwirkungsmöglichkeit in manchen Bereichen hat, habe man sich hier für die Mitwirkung in einem Verein entschieden. Der habe "aber natürlich keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Programme des ORF". Die Programmmacher und Programmmacherinnen würden sich Einflussnahme "selbstverständlich auch nicht gefallen lassen". Bisher habe es diesbezüglich keine Beschwerden gegeben. (fid, 14.3.2019)