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Bewaffnete Polizeikräfte vor einer der Moscheen in Christchurch.

Foto: AP / Mark Baker

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Rettungswagen stehen vor eine Moschee in Christchurch, Neuseeland.

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Straßen in Christchurch wurden großflächig gesperrt.

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Die Sicherheitsvorkehrungen in Christchurch wurden nach dem Anschlag hochgefahren.

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Was zu den Terrorangriffen von Christchurch bisher bekannt ist:

  • Vier Menschen wurden verhaftet, drei davon gelten als tatverdächtig.
  • Gegen einen von ihnen wurde Mordanklage erhoben.
  • Die Taten richteten sich gegen Betende in zwei großen Moscheen.
  • Es gibt mindestens 49 Tote und dutzende Verletzte.
  • Neuseelands Premierministerin Ardern sprach von "einem Terroranschlag".
  • Einer der mutmaßlichen Täter verbreitete vor den Angriffen ein rechtsradikales Manifest.
  • Nachlesen zum Livebericht: Aktuelle Entwicklungen zu den Terrorangriffen in Christchurch

Christchurch – Bei einer Serie von Terrorangriffen sind in der neuseeländischen Stadt Christchurch am Freitag mindestens 49 Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Die Angriffe richteten sich gegen zwei Moscheen, in denen sich Betende versammelt hatten. Die Polizei sprach von mindestens vier Tätern, drei Männern und einer Frau, die die Moscheen mit Schusswaffen und Bomben angegriffen hätten. Vier Personen wurden verhaftet, drei gelten als tatverdächtig. Gegen einen Mann wurde Mordanklage erhoben. Dass es weitere Angreifer oder Sympathisanten gebe, sei nicht ausgeschlossen, erklärten die Behörden.

Der Polizeisprecher von Christchurch, Mike Bush, nannte am Freitag zunächst keine genauen Zahlen. Premierministerin Jacinda Ardern sagte in einer Pressekonferenz: "Man kann das Geschehen nur als Terroranschlag bezeichnen." Medien berichteten, dass in den Spitälern mindestens 48 Menschen mit Schusswunden in Behandlung waren. Mehrere sollen sich in einem sehr ernsten Zustand befinden. Neuseeländische und australische Medien sprachen übereinstimmend von einem rechtsradikalen Tathintergrund.

Gewalt in diesem Ausmaß ist in Neuseeland extrem selten. Es handelt sich um den schlimmsten Massenmord seit einem Gefängnisaufstand im Jahr 1943. Im gesamten Jahr 2017, dem letzten, für das es aktuell Statistiken gibt, lag die landesweite Zahl der Morde bei 48 – mindestens einer weniger als beim Terroranschlag vom Freitag.

Manifest im Internet

Die mutmaßlichen Täter streamten Teile ihrer Angriffe offenbar live im Internet. Dort veröffentlichte einer der Männer auch ein Manifest, in dem er die Angriffe als "Terroranschläge" bezeichnet. In dem 73-seitigen Dokument beschreibt er sich als Anhänger der rechten US-Politikkommentatorin Candace Owens, die als Unterstützerin von US-Präsident Donald Trump auftritt. Trump selbst wird ebenso wie der norwegische Kindermörder und Rechtsterrorist Anders Behring Breivik lobend erwähnt. Außerdem nennt er den Führer der britischen Faschisten in den 1930er-Jahren, Oswald Mosley, als Inspiration. Sich selbst bezeichnet der Mann als "weißen Europäer", der in Australien lebe, und als "ethnonationalistischen Ökofaschisten".

Australiens Premier Scott Morrison bestätigte, dass es sich bei einem der Täter um einen Australier handle. Er bezeichnet den Mann, der in seinem Manifest auch eine seiner Ansicht nach zu geringe Geburtenzahl unter Weißen anspricht, als "extremistischen rechtsradikalen Gewalttäter". Seine Waffen hatte der Täter mit der Zahl "1683" versehen, dem Jahr der Zweiten Türkenbelagerung Wiens. In einer von ihm angefertigten Liste von "Bruderstaaten" wird an zweiter Stelle auch Österreich genannt.

Die bulgarische Staatsanwaltschaft gab am Freitagabend bekannt, dass der Täter im November 2018 das Land als Tourist besucht habe, bevor er nach Rumänien und Ungarn weitergereist sei.

Laut der neuseeländischen Polizei wurden an den Fahrzeugen der Angreifer Sprengsätze gefunden, die von der Armee entschärft wurden. Wegen der Gefahrenlage rief die Polizei für ganz Neuseeland dazu auf, keine Moschee zu betreten. Man wollte zunächst nicht sicher sagen, ob die Terrorserie schon vorbei war. Ardern sagte später, es gebe keine Anzeichen für weitere geplante Taten. Ausgangssperren in Schulen und Krankenhäusern wurden gegen Abend aufgehoben. Die allgemeine Warnung zur Gefahrenlage wurde aber von "gering" auf "hoch" hinaufgesetzt.

Mann in Tarnkleidung

Die Schüsse waren in zwei Moscheen der größten Stadt auf der neuseeländischen Südinsel gefallen. Es handelt sich um die Masjid-al-Noor-Moschee im Stadtzentrum und eine Moschee im Vorort Linwood. Ein Mann sei in Tarnkleidung und mit einer automatischen Waffe in eine der Moscheen eingedrungen und habe das Feuer eröffnet, berichtete ein Augenzeuge. Die meisten Todesopfer, mindestens 41, gab es in der Moschee im Stadtzentrum.

Laut Augenzeugen begannen die Angriffe um 13.45 Uhr (1.45 Uhr MEZ). In der Moschee befanden sich demnach mehr als 300 Gläubige. Polizeisprecher Bush sprach in einer Videonachricht von einer "sehr ernsten und tragischen Serie an Ereignissen". Zugleich appellierte er an die Bevölkerung, zu Hause zu bleiben.

Auf Twitter warnte die neuseeländische Polizei, dass "extrem erschreckende Bilder" aus einer der angegriffenen Moscheen im Internet kursierten. Sie rief dazu auf, das Material nicht weiterzuverbreiten. Facebook in Neuseeland und Australien betätigte, dass man über entsprechende Videomaterial informiert worden sei. Man tue alles, um es zu löschen.

Christchurch riegelte wegen der unklaren Lage alle staatlichen Gebäude ab. Neben Schulen wurden auch das Rathaus, die städtische Bücherei und Museen geschlossen. Bürgermeisterin Lianne Dalziel appellierte an die 350.000 Einwohnerinnen und Einwohner, die Innenstadt zu meiden. "Alle sind geschockt. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas hier passieren kann." Später sagte sie, es sei das Ziel des Terrorismus, Angst zu erzeugen. "Die einzige Art, ihn zu bekämpfen, ist, gemeinsam und über religiöse Bruchlinien hinweg und über alle anderen Bruchlinien, die uns trennen, hinweg füreinander zu sorgen. Diese Tat muss uns vereinen, sie darf uns nicht trennen."

Premierministerin spricht von einem der "dunkelsten Tage"

Premierministerin Ardern verurteilte den Angriff. Sie sprach von einem der "dunkelsten Tage" in der Geschichte des Landes. "Ich würde dies als eine Gewalttat beschreiben, wie es sie noch nie gegeben hat." Für ein solches Verbrechen gebe es "keinen Platz in Neuseeland". Ihr Land werde "eine Heimat für alle bleiben, die unsere Werte teilen. Und diese Werte werden durch diesen Angriff nicht erschüttert werden. Wie sind eine stolze Nation, die aus mehr als 200 Ethnien und 160 Sprachen besteht."

Ardern bestätigte, dass es eine Festnahme gab. Einzelheiten nannte sie nicht, auch nicht zur Zahl der Todesopfer und Verletzten. Sie kündigte aber an, noch am Freitag selbst nach Christchurch zu fliegen.

Auch aus Österreich gab es Beileidsbekundungen. "Der Terrorangriff in Christchurch ist eine furchtbare und barbarische Tat gegen Menschen, die beten wollten", schrieb Präsident Alexander Van der Bellen auf Twitter. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) teilte mit, er sei "schockiert und traurig". Als zunächst einziges hochrangiges Regierungsmitglied, das von der FPÖ nominiert wurde, brachte Außenministerin Karin Kneissl "tiefstes Mitgefühl mit Neuseeland" zum Ausdruck. Später teilte auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache mit, er sei "tief betroffen".

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner schrieb auf Facebook: "Rechte Terroristen" hätten mindestens 49 friedlich betende Menschen ermordet und viele weitere schwer verletzt. "Sie alle sind Opfer von strukturellem Hass und rassistischer Hetze gegen den Islam geworden. Wir dürfen das nicht zulassen. Ich sende allen Angehörigen mein tiefes Mitgefühl. Austria stands with you!" Auch die Israelitische Kultusgemeinde in Wien teilte ihre Bestürzung mit. "Dieser Menschenhass ist Gift für die Welt. In Gedanken bin ich bei den Angehörigen der Opfer und wünsche den Verletzten baldige Genesung", erklärte IKG-Präsident Oskar Deutsch. (mesc, APA, dpa, AFP, Reuters, 15.3.2019)