Von Sebastian Kurz wird glaubwürdig berichtet, er könnte eigentlich sehr gut ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk leben. Er habe nicht so sehr Angst vor kritischer Berichterstattung im ORF, da er jeden Auftritt handwerklich meistert, findet aber das Konzept eines öffentlichen Informationsauftrages irgendwie uncool. Er wisse aber, dass eine Privatisierung des ORF unrealistisch sei.

Heinz-Christian Strache hingegen liegt sehr viel am Erhalt eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks, er möchte ihn nur in seine (und der FPÖ) Gewalt bringen. Er und die FPÖ hassen die kritische Berichterstattung, die an den zahlreichen Defiziten und Ungeheuerlichkeiten der FPÖ manchmal doch nicht vorbeikommt. Chefideologe Herbert Kickl vermutet im ORF den "Geist von 1968", also die Einführung des liberaleren Denkens in einen muffigen Nach-Nazi-Staat, und möchte eine "Gegenrevolution". Um den ORF in den Griff zu bekommen, hat sich die FPÖ den Wegfall der Gebühren einfallen lassen, was auch noch eine populistische Entlastungsidee wäre.

Die Folge wäre dann Steuerfinanzierung des ORF aus dem Budget, wobei der ORF dann jedes Jahr oder alle paar Jahre zur Politik betteln gehen müsste. Unterstützt wird das durch durchsichtige Kampagnen der drei Krawallzeitungen, die auch eine Rundfunklizenz wollen.

Dazu dürfte es aber nicht kommen, weil a) die Landeshauptleute um ihre Landesstudios fürchten und b) bei sich verschlechternder Konjunkturlage nicht so einfach 700 Millionen Euro pro Jahr (insgesamt machen die ORF-Gebühren 920 Millionen aus) aus dem Budget zu begleichen sind.

Neuaufstellung

Dazwischen steht die Frage, ob der ORF nicht auf alle Fälle eine Neuaufstellung bräuchte. Davon, dass Österreich einmal das kreative Reservoir des deutschsprachigen Raumes war, ist wenig zu merken.

Der ORF wird also weitertun: Unter der Oberhoheit seines Aufsichtsratspräsidenten Norbert Steger (der der Meinung ist, Journalisten hätten nicht so "unbotmäßig" zu sein) und einem neuen Vorstand, in dem es zwischen Schwarz, Türkis und Blau changieren wird, unter neuer Macht für Anpasser, aber auch unter zähem Widerstand der verbliebenen kritischen und zugleich professionellen Radio- und Fernsehmacher.

Sebastian Kurz' türkise Bewegung will natürlich auch ein anderes Österreich und bedient sich dazu der Medienpolitik. Sie will es aber nicht so brachial wie die FPÖ, sondern mit einem "neuen Stil". Der besteht darin, dass man generell mit "Message-Control" den journalistischen Entscheidungsprozess der Nachrichtenmedien steuert und ansonsten diskret die wirtschaftliche Einflussnahme steuert. In Ungarn haben mit Orbán verbündete Milliardäre beinahe alle Zeitungen übernommen. Bei uns kauft sich unter wohlwollender Beobachtung von Kurz ein Immobilientycoon in "Krone" und "Kurier" ein.

Es wird eines Aufwachens der SPÖ und einer Bündelung der Kräfte der Zivilgesellschaft bedürfen, eventuell auch einer solidarischen Aktion der seriösen Medien, damit Österreich nicht zu Orbánistan wird. (Hans Rauscher, 19.3.2019)