Viele Erntehelfer seien abhängig von ihren Arbeitgebern und hätten Hemmungen, Verstöße aufzudecken, sagen NGOs.

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Wien – Erntearbeit ist kein Honiglecken: Zwölf Stunden pro Tage liegen die Hilfskräfte bei jedem Wetter auf der Erntemaschine und stechen Spargel oder sammeln Gurkerln. Der Lohn ist niedrig, der Arbeitsplatz auf die Saison befristet. Unter diesen Bedingungen arbeiten fast ausschließlich Arbeitskräfte aus dem Ausland. Österreicher unter ihnen zu finden ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Mittlerweile sind Arbeiter innerhalb der EU kaum mehr zu finden, und die Suche wird zunehmend auf Drittstaaten ausgeweitet. Viele kommen aus Bosnien, Serbien oder der Ukraine. Ukrainische Arbeiter legen über tausend Kilometer zurück, um wenige Monate im Jahr in Österreich als Erntehelfer zu arbeiten. Der Bedarf an diesen Hilfskräften ist allerdings groß – die Suche nach Arbeitskräften schwierig.

Viele unbesetzte Stellen

Die schweißtreibende Arbeit auf den hiesigen Feldern erledigen dieses Jahr 2.610 Saisonarbeiter und 275 Erntehelfer. Sie verdienen zwischen sechs und 7,30 Euro netto, je nach Bundesland. Oft sind sie in den Betrieben untergebracht, dafür wird ihr Lohn um die Ausgaben für Kost und Logis gekürzt.

Im Februar waren laut ORF österreichweit 820 Stellen in der Land- und Forstwirtschaft unbesetzt. Gerade bei der Ernte könne der hohe Spitzenbedarf an Helfern nicht gedeckt werden, sagt Ferdinand Lembacher, Generalsekretär der Landwirtschaftskammer. Er fordert eine Erhöhung des Kontingents für Saisonarbeiter aus Drittländern.

Der eklatante Mangel an Arbeitskräften sei ein hausgemachtes Problem, kontert Produktionsgewerkschaftschef Rainer Wimmer, schlechte Arbeitsbedingungen der Grund für den Mangel. Sónia Melo von der Kampagne Sezonieri, die sich für die Rechte von Erntehelfern einsetzt, pflichtet ihm bei. Sezionieri ist eine von der Pro-Ge, Aktivisten und antirassistischen NGOs 2014 ins Leben gerufenen Initiative. Gravierende Probleme seien trotz regionaler Unterschiede österreichweit die niedrige Bezahlung und die unsicheren Arbeitsverhältnisse.

Abhängig von den Betrieben

Obwohl den Beschäftigten ein kollektivvertraglich abgesicherter Lohn zusteht – die Ausnahme von der Sozialversicherungspflicht besteht seit heuer nicht mehr –, werde ihnen oft weniger ausgezahlt, erklärt Melo mit Verweis auf anonyme Aussagen von Erntehelfern. Da die Arbeitsverträge von Saison zu Saison neu ausgehandelt werden und mit ihnen die Aufenthaltserlaubnis einhergeht, wollen Betroffene oft anonym bleiben, um im nächsten Jahr wiederkommen zu können. Viele Erntehelfer seien abhängig von ihren Arbeitgebern und hätten Hemmungen, Verstöße aufzudecken. In den Herkunftsländern seien die Perspektiven jedoch oft noch schlechter, weshalb sie die widrigen Umstände hierzulande hinnehmen würden, sagt Melo. Lembacher von der Landwirtschaftskammer geht dagegen davon aus, dass die Betriebe die gesetzlichen Vorgaben einhalten.

In diesem prekären Berufszweig könnten laut Aussagen von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) bald Asylberechtigte zur Arbeit verpflichtet werden. "Extrem schlimm ist das. Man kann nicht eine Gruppe dazu verdonnern, Arbeit zu erledigen, die sonst keiner machen will", kritisiert Karl Orthaber von der Produktionsgewerkschaft. "Arbeit und Aufenthalt hängen für mich zusammen", sagt dagegen Bundesrat Martin Preineder (ÖVP), im Brotberuf Biobauer im südlichen Niederösterreich.

Kammerfunktionär Lembacher äußert Zweifel. "Arbeitnehmer, die mit Druck zur Arbeit gedrängt werden, können wir nicht gebrauchen." Man brauche zuverlässige Arbeitskräfte. (jugi, 21.3.2019)