Wien – Rassismus ist in Österreich offenbar weiter an der Tagesordnung. Der Jahresbericht der Antirassismusinitiative Zara weist für das vergangene Jahr 1.920 gemeldete Fälle und damit einen Höchststand aus. 2017 waren es 1.162. Der Anteil der Hetze im Web – mehrheitlich in Form von Hasspostings – macht inzwischen 60 Prozent aus. Kritisch beäugt wird aber auch der aktuelle politische Diskurs.

Zivilcourage steige

"Rassismus ist immer noch überall", sagte Zara-Geschäftsführer Hans Dieter Schindlauer am Donnerstag. Die gestiegene Zahl der Meldungen bedeute aber nicht automatisch, dass Rassismus immer stärker um sich greife, sondern mehr Menschen Zivilcourage zeigten, ergänzte Caroline Kerschbaumer, die die Beratungen bei Zara leitet.

Von den 1.920 Rassismusfällen betrafen 1.164 – und damit drei Fünftel – das Internet. Im Jahr davor waren es "erst" 44 Prozent. Dabei sind Kommentare mit hetzerischen Inhalten in der Überzahl: Hasspostings kommen fast doppelt so häufig vor wie abwertende Positionen in ursprünglichen Beiträgen. Nicht allzu überraschend also, dass laut Zara sechs von zehn rassistischen Online-Meldungen von Facebook-Usern kamen, gefolgt von Web- und Zeitungsforen und anderen Diensten wie Youtube oder Twitter.

Struktureller Rassismus auf politischer Ebene

Schindlauer betonte, dass Rassismus in jedem Bereich zu finden sei. Es gebe aber schon gewisse "Trends", die vom öffentlichen Diskurs geprägt seien. So gehe es seit einigen Jahren besonders gegen Muslime und Geflüchtete.

Hier hakte Wiens Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) ein, der auf politischer Ebene "strukturellen Rassismus" ortet, "wenn man zum Beispiel Erstaufnahmezentren in Ausreisezentren umbenennt". Einen "rassistisch geführten Diskurs" dürfe man aber nicht als "Normalität" verstehen. Die meisten Menschen wollten in Frieden und Zusammenhalt leben, auch wenn sie derzeit vielleicht nicht besonders laut seien. "In politischen Hassreden ist Abwertung Programm und ein Versuch, das zu normalisieren", sagte Faika El-Nagashi, Menschenrechtssprecherin der Wiener Grünen. Wien trete als "Menschenrechtsstadt" klar dagegen auf.

Mehr Geld für Zara

Das Rathaus erhöht auch die Förderungen für Zara. Gab es zuletzt 52.000 Euro jährlich, sind es ab sofort 80.000. Wobei heuer noch einmal ein Sonderzuschuss von 20.000 Euro draufgelegt wird, um ein Symposium im Herbst anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Vereins abhalten und die digitale Aufbereitung von Informationen – unter anderem des Rassismusberichts – umsetzen zu können.

Polizei soll "Mumm" beweisen

Einen besonderen Fokus legt der Bericht auf vorurteilsbehaftete Polizeiarbeit. Die Exekutive handle sehr oft professionell und vorbildlich, bei negativen Zwischenfällen werde aber gemauert und abgestritten. So konnten von den 82 gemeldeten Fällen, in die die Polizei verwickelt war, bei nur acht formal Beschwerde eingebracht werden. Dafür würden Beschwerdeführer oft mit dem Vorwurf der Verleumdung konfrontiert. "Liebe Polizei, habt den Mumm, zu euren Fehlern zu stehen", appellierte Schindlauer. Denn man wolle eine selbstbewusste Polizei, die aus Fehlern lernt. (APA, 21.3.2019)