Cu Rua ist nun im Ngoc-Son-Tempel in Hanoi zu besichtigen.
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Hanoi – In Vietnams Hauptstadt Hanoi wird seit wenigen Tagen der einbalsamierte Körper einer Schildkröte ausgestellt, die sich zu Lebzeiten einen legendären Ruf erworben hatte. In der Region wurde sie als letzte Nachkommin der Schildkrötengottheit Kim Qui verehrt.

Möglicherweise war das im Jänner 2016 gestorbene Tier, ein Weibchen, über 100 Jahre alt. Genau lässt sich das nicht sagen, weil es erstmals 1998 von einem Amateurfotografen im Hoan-Kiem-See in Hanois Innenstadt aufgenommen wurde. Dass in dem See immer noch Restbestände einer früheren Schildkrötenpopulation lebten, hatte bis dahin eher als Märchen gegolten.

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Welcher Art das Cu Rua genannte Tier angehörte, ist umstritten. Der Biologe Ha Dinh Duc und einige seiner vietnamesischen Kollegen sind der Ansicht, die Schildkröte habe zu einer eigenen Spezies (Rafetus leloii) gehört, die nur im Hoan-Kiem-See vorkomme. Oder vorgekommen sei – ob es noch andere Exemplare gibt, ist ungewiss und gilt als unwahrscheinlich.

Internationalen Wissenschaftern zufolge handelt es sich bei dem sagenumwobenen Tier hingegen um eine Jangtse-Riesenweichschildkröte (Rafetus swinhoei). Was allerdings noch immer etwas Besonderes wäre: Von diesen bis zu einen Meter langen und 100 Kilogramm schweren Schildkröten sind heute nur noch vier lebende Exemplare bekannt. Sie alle leben in Gefangenschaft, zwei in China und zwei in Vietnam.

Ein Bild aus besseren Tagen: Die alte Dame musste mehrfach medizinisch versorgt werden.
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Einbalsamiert wurde die Schildkröte von Hanoi aber weniger aus naturwissenschaftlichen als aus kulturgeschichtlichen Gründen: "Cu Rua war so wichtig für die vietnamesische Kultur, weil sie für den Schutz unseres Landes gegen Angreifer stand", sagt Duc. Der Legende nach sollten die Schildkröten am Grund des Hoan-Kiem-Sees ein magisches Schwert bis zu dem Zeitpunkt bewachen, an dem Vietnam erneut verteidigt werden muss. (red, APA, 23. 3. 2019)