Es ist eine Geschichte, bei der einem warm ums Herz wird. Auch – oder gerade weil – es dabei "nur" um einen verhältnismäßig kleinen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel geht. Denn die Geschichte erzählt von etwas Größerem – vom unverstellten Wunsch eines Kindes, die Dinge für die Menschen zum Guten zu wenden; von ihrer kindlichen Begeisterung, die sie etwas erfinden lässt, was das Leben ihrer Familie und ihrer Freunde besser macht. Jeden Tag.

Es ist die Geschichte der achtjährigen Xóchitl Guadalupe Cruz López, die mit ihrer Familie in Chiapas lebt. In der Region sind 70 Prozent der Menschen arm und 30 Prozent leben sogar in extremer Armut – die meisten davon im Hochland, wo es sehr kalt ist. Dort mangelt es an vielem, zum Beispiel an warmem Wasser. Die Mensche fällen Bäume, um Feuerholz zu gewinnen, mit dessen Hilfe sie das Wasser für ihr tägliches Leben erwärmen. Das schadet der Umwelt – das wusste Xóchitl, und sie wollte es ändern.

Glas von der Baustelle

Also dachte sie sich eine einfache solarbetriebene Wasserheizung aus, die komplett aus Abfallprodukten besteht – darunter Schläuche, Holzscheite und Glasscheiben von einer Baustelle. Ihr Vater half ihr dabei, die Heizung auf dem Dach ihres Hauses zu bauen. Er kontaktierte die Universidad del Valle de México, und eine Gruppe von Studierenden des Faches "Energie und Nachhaltige Entwicklung" gingen den beiden bei der Konstruktion zur Hand.

Keine Bäume für Brennholz

Die fertige Heizung hatte ein Fassungsvermögen von zehn Litern. Genug für Xóchitl, um ein Bad zu nehmen. Wenn sie nur kurz badet, kann ihr Bruder danach auch noch ins warme Wasser, erzählt sie. Den mexikanischen Reportern, die bald zu ihr kamen, erzählte sie auch, dass sie mit ihrem Projekt den Klimawandel verlangsamen will. Die Menschen sollten nicht nur warmes Wasser haben – sie sollten auch keine Bäume mehr für Brennholz fällen müssen. "Ich habe diese Heizung aus recycelten Objekten hergestellt, die der Umwelt nicht schaden."

Periódico Síntesis Chiapas

Auf viel Engagement wurde nicht nur die Presse aufmerksam: Im Februar wurde Xóchitl Guadalupe Cruz López als erstes Kind jemals für ihre außergewöhnliche Fähigkeit, Wissenschaft praktisch umzusetzen, mit einem Wissenschaftspreis des nuklearwissenschaftlichen Institutes der Universidad Nacional Autónoma de México ausgezeichnet.

Die Eltern erzählen, dass der Forscherdrang ihrer Tochter immer schon groß war. Kindliche Neugierde, die Freude am Entdecken, das selbstvergessene Versinken in Basteln, Konstruieren und Spielen – das macht wohl alle Kinder aus. In Xóchitls Fall durfte all das offenbar wachsen. Ihr Vater sagt, dass man Kinder bedingungslos unterstützten müsse in ihrer Entfaltung, denn sie seien die Zukunft.

Derweil spinnt Xóchitl bereits die nächsten Ideen. Sie will eine größere Wasserheizung bauen mit Solarpanelen – und hat sich schon auf die Suche nach Unterstützung von Universitäten und Wissenschaft gemacht. (Lisa Mayr, 24.3.2019)