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Nach Beendigung des Kosovokrieges 1999 wurde die NATO-geführten Schutztruppe (KFOR) eingesetzt, um für ein sicheres Umfeld für die Rückkehr von Flüchtlingen zu sorgen.

Foto: AP/visar kryeziu

"Im Lift auf dem Weg in den zwölften Stock habe ich versucht, den üblichen Geruch von Erbrochenem auszublenden, trotzdem reckte es mich sehr. Mein Discman mit dem ersten Darkwood-Dub-Album war möglichst laut aufgedreht, aber die Sirene übertönte die Musik problemlos", erinnert sich die Schriftstellerin Barbara Markovic, die als damals 19-Jährige in Belgrad lebte, an die Nato-Intervention, die vor 20 Jahren begonnen hatte.

Nach den erfolglosen Verhandlungen von Rambouillet zwischen dem Regime von Slobodan Milosevic und Vertretern der Kosovo-Albaner führte damals die Nato von 24. März bis 10. Juni 1999 Luftangriffe durch, die schließlich zum Abzug serbischer Sicherheitskräfte und Militärs im Kosovo führten. Die unterschiedlichen Erfahrungen spiegeln sich auch in den Erinnerungen wider.

Schicksal aus dem Fernseher

"Nachdem die Nachbarinnen vom 13. Stock auf dem Gang schreiend an mir vorbeigerannt und zu Fuß die Treppe hinuntergehetzt waren und meine Großmutter gesagt hatte, es sei Krieg, suchte ich die Fernbedienung, um mein Schicksal aus dem Fernseher herauszulesen", erzählt Markovic. "Im staatlichen Fernsehen lief Puppentheater, und das habe ich als Beweis dafür genommen, dass alles okay sei, was aber ein Irrtum war, weil bald darauf eine Männerstimme das Programm unterbrach: 'Heute hat die Nato eine Invasion auf die Sozialistische Republik Jugoslawien begonnen. Ein souveränes Land wurde angegriffen gegen alle Prinzipien und Normen des internationalen Rechts. Die Regierung ruft alle Bürger, die Armee, die Polizei und alle anderen Verteidigungssubjekte dazu auf, ihr Verfassungsrecht auszuüben.'"

Auch Gëzim Visoka war damals noch ein Teenager und lebte im Osten des Kosovo: "Ich erinnere mich, wie ich am Morgen aufwachte, nachdem die Nato ihre Angriffe in die leblose und dunkle Luft begonnen hatte, die vom Rauch der brennenden Häuser durchdrungen war, in denen unschuldige Zivilisten lebten. Die Häuser waren von serbischen Einheiten angezündet worden als Rache für den Nato-Militäreinsatz." Nach den Angriffen der Nato zwangen serbische Militärs und paramilitärische Truppen Visokas Familie, ihre Heimat zu verlassen.

Vier Monate vertrieben

"Wir waren fast vier Monate lang Binnenvertriebene und litten unter chronischer Unsicherheit. Ich erinnere mich aber an die Befreiung meiner Stadt durch die Nato-Friedenstruppen. Wir kehrten in unser zerstörtes Haus zurück, aber die Frische der Luft vom Regen in der Nacht zuvor, verbunden mit der Freiheit, die gekommen war, waren wie eine Wiedergeburt des Lebens und der Neubeginn für den Wiederaufbau unserer zerstörten Gesellschaft", denkt Visoka, damals 13-jährig, zurück. Heute lehrt er in Dublin.

Nicht nur die Erinnerungen an den Nato-Einsatz in Serbien und im Kosovo sind unterschiedlich, auch das Gedenken der offiziellen Vertreter der Staaten. Das serbische Außenministerium veranstaltet etwa am Sonntag in Nis einen Event, bei dem der "Nato-Aggression" und der Opfer mit Staatspräsident Aleksandar Vucic gedacht wird. Verantwortlich ist dafür ein staatliches Komitee, das die "Befreiungskriege Serbiens" beobachtet. (Adelheid Wölfl, 24.3.2019)