Bild nicht mehr verfügbar.

Das Haus wurde völlig zerstört.

Foto: AP Photo/Ariel Schalit

Zwei Wochen vor der Parlamentswahl spitzt sich die Sicherheitslage in Israel zu: Bei einem Raketenangriff auf ein Wohnhaus im Zentrum des Landes wurden am frühen Montagmorgen sieben Menschen leicht bis mittelschwer verletzt, darunter ein Baby und zwei Kinder. Die Rakete aus Gaza traf das Haus in dem Dorf Mishmeret direkt und beschädigte es schwer.

Bei der Rakete handelt es sich nach Angaben einer Armeesprecherin um ein von der Hamas selbstgebautes Exemplar mit einer Reichweite von bis zu 120 Kilometern. Diese sei nahe Rafah im Süden des Gazastreifens abgefeuert worden. Warum der Raketenabfangschirm "Eiserne Kuppel" nicht aktiviert wurde, wollte die Armeesprecherin zunächst nicht kommentieren. Israelischen Medienberichten zufolge war der Abfangschirm nicht vorbereitet auf Angriffe auf das Zentrum, diese seien nicht erwartet worden. Nun sind Soldaten der Infanterie und einer Panzerdivision auf dem Weg in den Süden. Die beiden Grenzübergänge zwischen Israel und dem Gazastreifen wurden geschlossen.

Hamas bestreitet Angriff

Die Hamas weist die Verantwortung von sich, man sei nicht an einer Eskalation interessiert, schließlich sei eine ägyptische Delegation auf dem Weg nach Gaza gewesen. Man würde nun untersuchen, wer die Rakete abgefeuert habe. Nach Angaben der Armee wurde die Rakete von einer Abschussrampe der Hamas abgefeuert.

ORF

Unterdessen hat Premier Benjamin Netanjahu, der derzeit in den USA unterwegs ist, angekündigt, seine Reise zu verkürzen. "Das war ein abscheulicher Angriff auf den Staat Israel, und wir werden mit Stärke darauf reagieren", sagte der Premier nach Gesprächen mit den Chefs von Armee, Inlandsgeheimdienst und Nationalem Sicherheitsrat. Netanjahu sollte eigentlich bei einer Konferenz der proisraelischen Lobbygruppe Aipac (American Israel Public Affairs Committee) in Washington eine Rede halten. Stattdessen will er am Montag direkt nach seinem Treffen mit US-Präsident Donald Trump zurück nach Israel fliegen.

Wahlkampfgeschenk an Netanjahu

Trump hatte vor wenigen Tagen auf Twitter geschrieben, es sei für die USA an der Zeit, Israels Souveränität über die Golanhöhen anzuerkennen. Es wird erwartet, dass der US-Präsident während Netanjahus Besuch ein entsprechendes Dekret unterzeichnet. Für Netanjahu wäre das ein persönlicher Erfolg und ein Wahlkampfgeschenk. Doch die zugespitzte Sicherheitslage bringt den Premier kurz vor der Wahl am 9. April in die Bredouille – vor allem nachdem bereits vor knapp zwei Wochen Raketen aus Gaza auf Tel Aviv abgefeuert wurden. Es war der erste Angriff auf das bevölkerungsreiche Zentrum seit dem Gaza-Krieg 2014. Israel reagierte mit einem Angriff auf rund 100 Ziele der Hamas in dem Küstenstreifen, hielt sich ansonsten aber zurück, um die Lage nicht eskalieren zu lassen. Wohl auch, weil es damals hieß, die Raketen seien bei Wartungsarbeiten aus Versehen abgefeuert worden. Die Hamas-Führung war zu jener Zeit in Gesprächen mit einer Delegation aus Ägypten, um einen langfristigen Waffenstillstand mit Israel auszuhandeln.

Nach dem jüngsten Angriff werfen seine Konkurrenten Netanjahu nun vor, die Kontrolle über die Sicherheit verloren zu haben. "Wird er sich wieder mit der Verkündung eines Fehlers der Hamas zufriedengeben oder sich endlich auf die Sicherheit der Bürger des Landes konzentrieren anstatt auf seine rechtliche Angelegenheiten?", twitterte Benny Gantz vom Bündnis Blau-Weiß, Netanjahus größter Herausforderer. Auch er ist derzeit in den USA und wird bei der Aipac-Konferenz sprechen. Er kritisierte den Premier für sein bisheriges Vorgehen: Wer nicht mit Aggression und Stärke reagiere, wer der Hamas Schutz biete und Angriffe auf die leichte Schulter nehme, bekomme jetzt eben Raketen auf das Zentrum des Landes.

Dass Israel demnächst reagieren wird, gilt als sicher, weitere Truppen wurde bereits an die Grenze zum Gazastreifen verlegt. Berichten zufolge sollen sich höhere Hamas-Funktionäre in Erwartung einer Reaktion bereits in Sicherheit gebracht haben. Der Islamische Jihad habe Israel, den "zionistischen Feind", vor Angriffen gewarnt, auf diese wolle er "mit Härte" reagieren. Zu dem Raketenangriff am Montagmorgen hat sich bisher keine der Gruppen in Gaza bekannt. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 25.3.2019)