Die Vorstellung vom Roboter als Haushaltskraft, Assistenten oder Unterhalter hat schon zu vielen – oftmals dystopischen – Filmen inspiriert. Doch in technologischen Vorreiterländern wie Japan oder Singapur sind Maschinenwesen in allen Facetten bereits fester Bestandteil des zukünftigen und teils auch schon gegenwärtigen Gesellschaftsbilds. Im Westen freundet man sich hingegen gerade erst mit Softwarelösungen wie Siri oder Alexa an und lässt bislang nur einfach gestrickte Helfer wie Staubsaugerroboter in die eigenen vier Wände.
Die US-Firma Temi will mit ihrem gleichnamigen Roboter nun einen Schritt weiter gehen: Ein physischer persönlicher Assistent samt autonom manövrierender künstlicher Intelligenz soll bereits ab Juni ins Eigenheim oder Büro einfahren und den Sekretär in allen Lebenslagen mimen.
Assistent und Unterhalter
Sollten KI-Systeme eines Tages ein Bewusstsein erlangen, wird man den Vergleich vielleicht bereuen, aber Roboter Temi sieht auf den ersten Blick aus wie ein korpulenter Standstaubsauger mit einem Display als Gesicht.
Für rund 2.000 Dollar erhält man laut dem Hersteller jedoch mehr als ein unbedrohlich wirkendes Design. Der persönliche Assistent folgt einem rollend auf Zuruf durch die Wohnung, nimmt Wissensfragen und Termineinträge entgegen, bespaßt einen mit Musik und Videoinhalten, ist ein Fotograf und dient auch als übergroßes Videotelefon oder Konferenzsystem.
Spion auf Rädern
Per App lässt sich der Blechfreund (auch diese Bemerkung könnten Sie eines Tages bereuen) rufen oder zu den Kindern ins Spielzimmer schicken. Ein Spion auf Rädern, der dank hochauflösender Kameras bemerkt und unbemerkt die spannendsten Momente festhalten kann. Die Entwickler versprechen zumindest, dass die persönlichen Daten und Aufnahmen nicht an Außenstehende weitergegeben werden.
Tatsächlich stecken in Temi Technologien, die man aktuell aus (halb)autonomen Autos kennt: Mittels 360-Grad-Lidar, zwei Tiefenkameras, zwei RGB-Kameras, fünf Abstandssensoren, sechs Distanzsensoren sowie Beschleunigungssensoren und Drehratensensoren kann der Roboter eine dreidimensionale Karte des Wohnraums erstellen, Bewohner, Haustiere oder Möbel erfassen und selbstständig navigieren.
Audiovisuelle Interaktion
Zum herzlosen (Vorsicht!), aber populären Familienmitglied soll Temi jedoch aufgrund der "natürlichen Interaktion" per Sprache und Bildern werden, das gleichzeitig kabellos Handys lädt, das smarte Haus steuert und einem die News aus dem Internet vorliest. Welche KI-Systeme genau zum Einsatz kommen, verrät der Hersteller nicht. Das auf dem Open-Source-Betriebssystem Linux aufsetzende "Robotergehirn" soll jedoch für Drittanbieterlösungen offen sein – dadurch und dank Updates werde sich Temi laufend weiterentwickeln können.
Günstig mit Haken
Ein Gehalt verlangt Temi nach einem achtstündigen Arbeitstag nicht, dafür zapft er über die mitgelieferte Ladestation selbstständig die Stromleitung an. Ein ökonomisch gesehen äußerst attraktiver Tausch. Zumindest vorerst wird der elektronische Sklave (Oh, oh!) menschliche Assistenten jedoch nicht im großen Stil ersetzen können. Zum einen spricht Temi zum Auslieferungsstart im Sommer nur Englisch, und zum anderen kann er keine Treppen steigen. Aber vermutlich ist auch die Meisterung dieser Hürde nur eine Frage der Zeit. (zw, 25.3.2019)