Eine regionale Wertschöpfung wie im Bergdorf Alpbach in Tirol wünscht sich wohl so manche Gemeinde in Österreich.

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Wien – Fast 40 Prozent der österreichischen Bevölkerung leben in einer Gemeinde mit weniger als 5.000 Einwohnern. Dennoch leiden viele Dörfer unter sogenannter Landflucht: Vor allem junge Menschen zieht es häufig für Studium oder Beruf in größere Städte. Die Obersteiermark, Oberkärnten und das nördliche Niederösterreich kämpfen mit besonders starken Bevölkerungsrückgängen, wie Zahlen der Statistik Austria verdeutlichen.

Wie kann also das Leben in dörflichen Gemeinden gefördert oder wiederbelebt werden? "Die Menschen wollen dort arbeiten, wo sie leben", sagt Peter Filzmaier. Der Politikwissenschafter hat den am Montag veröffentlichten "Dorfleben-Report" der Rewe-Tochter Adeg wissenschaftlich begleitet. Auf dem Land müssten jedoch nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die sozialen Rahmenbedingungen dafür – allen voran Kinderbetreuung – geschaffen werden.

Keine "tote Hose" auf dem Land

Wie aus dem Bericht hervorgeht, empfinden vier von fünf Menschen, die in Dörfern mit weniger als 5.000 Einwohnern leben, ihre Gemeinde als lebendig. Dass auf dem Land "tote Hose" herrsche, sei ein von Städtern verbreitetes Klischee, sagt Filzmaier. "Das ist, als würde man Männer erklären lassen, wie Frauen sich fühlen."

Tatsächlich herrsche in ländlichen Gemeinden ein großes Bedürfnis nach einem regen Gemeindeleben – das neben sozialen auch wirtschaftliche Aspekte umfasst. Greißler seien "eine Art zweiter Dorfplatz" und damit wichtige soziale Treffpunkte. Dabei müssen die Kleinmärkte nicht unbedingt günstiger sein, sagt der Politikwissenschafter: "Menschen sind bereit, für den Nahversorger mehr zu zahlen."

Mehr Selbstständige erwünscht

Die Befragung unter rund tausend Bewohnern kleiner Gemeinden ergab, dass 80 Prozent Unternehmer als wichtigen Bestandteil ihrer Dörfer wahrnehmen. 85 Prozent wünschen sich laut der Studie, die zusammen mit dem österreichischen Gemeindebund erstellt wurde, mehr Selbstständige in ihrem Dorf. In vielen Fällen fehle aber das Startkapital wie auch das notwendige Know-how zur Unternehmensgründung.

Allzu schnell dürfte der Bedarf – zumindest bei Adeg – nicht befriedigt werden: Derzeit befinden sich nur zwölf Anwärter auf weitere Adeg-Märkte in der hauseigenen Akademie. Österreichweit gibt es rund 400 Standorte.

Dass es vielerorts kaum regionale Wirtschaftstreibende gibt, leitet Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl von Missplanung in der Vergangenheit ab. "Wir haben einige Versäumnisse nachzuholen", so Riedl: "Es wurde nur gebaut, wo es sich rechnet." Letztlich müsse man jedoch "Ortskerne beleben und nicht die grüne Wiese betonieren". (lauf, 25.2.2019)