Für die teils erst vor zwei Jahren angeschafften Westbahn-Züge wird ein Abnehmer gesucht. Der private ÖBB-Konkurrent will künftig mit Rollmaterial aus China herumkurven.

Foto: APA/Gindl

Nach einem Abnehmer in der EU sucht der weltgrößte Eisenbahnausrüster schon lang, nun wurde er in Österreich gefunden. Die China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) wird Rollmaterial für ein Eisenbahnunternehmen in Österreich liefern. Als Trägerrakete für Zugmaterial "made in China" fungiert die Westbahn Management GmbH, der private ÖBB-Herausforderer auf der Strecke zwischen Wien und Salzburg.

Der Aufsichtsrat der vom Industriellen Hans-Peter Haselsteiner und Sanierer Erhard Grossnigg (beziehungsweise deren Stiftungen) dominierten Westbahn-Mutter Rail Holding AG habe dieser Tage grünes Licht für die Anschaffung von 15 bis 17 Elektrotriebwagenzügen chinesischer Provenienz gegeben, wurde dem STANDARD in Westbahn-Kreisen bestätigt. Die zwischen Wien, Linz und Salzburg verkehrenden Westbahn-Doppelstockzüge sollen weiterverkauft werden, bevorzugt an den Marktbeherrscher ÖBB-Personenverkehr, berichtete Kurier Online. Die vorm Rechnungshof geforderte Harmonisierung des Flottenmanagements der Staatsbahn wäre damit aber perdu.

Die jüngsten Westbahn-Zuggarnituren wurden, wie berichtet, erst 2017 bei Stadler Rail gekauft, der Schweizer Zugbauer lieferte zehn Stück, sie verkehren zwischen Wien und Salzburg (60 Verbindungen pro Tag). Haselsteiner gab das Investment damals mit rund 140 Millionen Euro an.

Von Peking an die Donau

Der an den Börsen von Hongkong und Shanghai notierte CRRC-Konzern mit Sitz in Peking gilt insbesondere unter Europas Zugausrüstern, allen voran Siemens und Alstom, als der "Gottseibeiuns" der Bahnbranche. CRRC Zelc mit Sitz in Zhuzhou in der Provinz Hunan ist die größte CRRC-Tochtergesellschaft mit mehr als vier Milliarden Euro Jahresumsatz und mehr als 8000 Lokomotiven und U-Bahn-Triebwagen an Produktionsvolumen.

CRRC Zelc hat im September 2016 in einem Bürohochhaus nächst der Uno-City auf der Donauplatte mit der CRRC Zelc Verkehrstechnik GmbH ihre "Europazentrale" eröffnet, wie damals verkündet wurde. Im Prinzip ist es wohl eher eine Art Verbindungsbüro. Zufall oder nicht: Einen Steinwurf entfernt im Nachbarhaus befindet sich die Strabag, Haselsteiners Baukonzern.

CRRC gilt als weltweit bestens vernetzt, zum Partnernetzwerk gehören Weltkonzerne wie die kanadische Bombardier, die im Wiener Werk Straßenbahnen für die Wiener Linien baut. An CRRC sei die angestrebte Zugfusion zwischen Siemens und Bombardier letztlich gescheitert, heißt es – ehe vor wenigen Wochen die EU-Kommission die Fusion der Zugsparten von Siemens und Alstom über Auflagen zum Scheitern brachte. Der Mutterkonzern CRRC hat rund 200.000 Beschäftigte und einen Jahresumsatz jenseits der 30 Milliarden Euro.

Deal im Hintergrund?

Die geplante Anschaffung einer neuen Westbahn-Flotte befeuerte am Dienstag Spekulationen über einen größeren Deal im Hintergrund, nämlich einen Einstieg der Chinesen bei der Westbahn. Platz könnte der dritte Aktionär im Westbahn-Bund machen, die 2009 bei der Gründung an Bord geholte französische Staatsbahn SNCF (17,40 Prozent). Ihr wird überschaubares Interesse an einem weiteren Engagement in Österreich nachgesagt, bei der Kapitalerhöhung im Zuge der Zugbeschaffung 2017 machten die Franzosen nicht mehr mit, ließen ihre Sperrminorität verwässern.

Westbahn-Eigner Grossnigg (32,7 Prozent über die schweizerische Augusta-Holding) erteilt dem eine Absage: "Es gibt keine Änderungswünsche im Aktionariat", stellte der Sanierer auf Anfrage des STANDARD klar. "Es gibt im Moment drei Eigentümer und keinen Änderungsbedarf."

Finanzkräftiger Partner

Bahninsider skizzieren einen Einstieg der Chinesen in Etappen. Erster Schritt könnte demnach eine Besitzgesellschaft sein, in der CRRC das Rollmaterial parkt, das von der für den operativen Betrieb zuständigen Westbahn Management betrieben wird.

Von Schaden wäre ein finanzkräftiger Partner freilich nicht. Laut dem jüngsten veröffentlichten Jahresabschluss 2017 fuhr die Westbahn erneut Verluste ein – sowohl die Mutter Rail Holding AG als auch die operative Westbahn Management. Die Rail Holding vergrößerte ihren Bilanzverlust von 8,7 Millionen Euro im Jahr 2016 auf 9,1 Millionen Euro. Die Westbahn Management steigerte den mit rund fünf Millionen Fahrgästen erwirtschafteten Umsatz um 3,8 Prozent auf 60,4 Millionen Euro. Unterm Strich blieb ein Ergebnis von minus 2,2 Millionen Euro, samt 68,1 Millionen Euro Verlustvortrag ergab das einen Bilanzverlust von über 70 Millionen Euro. (Luise Ungerboeck, 25.3.2019)