Zeitlose Qualitäten für Verdi: Plácido Domingo.

Foto: Wiener Staatsoper/Ashley Taylor

Peter Steins Simon Boccanegra-Inszenierung erinnert an eine Opernmahnung: Was schon bei der Regiegeburt alt wirkt, vermag zwar nicht mehr zu altern; zeitlos wird es dadurch allerdings noch lange nicht. Andererseits ist die Version von 2002 praktikabel. Ihre klaren Strukturen und die notorisch sich zuziehenden Vorhänge, mit denen der Zauber statischer Figuren verdichtet werden soll, sie schaffen sogar Atmosphäre.

Bei dieser Familienzusammenführung zwischen dem Vater Simon Boccanegra und seiner seit langem verschollenen Tochter Amelia ist das Zeitlose dennoch zu hören: Nach wie vor verfügt der Veteran Plácido Domingo über jene markante Intensität und Durchschlagskraft, die ihn befähigt, einem Drama Relevanz zu verschaffen. Zu begleichende alte Rechnungen, politische Abhängigkeit und Missverständnisse bieten auch reichlich Gelegenheit für expressive Exkurse.

Betörend persönlicher Sound

Domingo differenziert jedoch, haucht auch ein zartes "Figlia": Er, der Doge, hat gerade begriffen, wen er da wiedergefunden hat. Nach wie vor wirkt Domingo vital, seine Linienführung ist von Klarheit geprägt. Manchmal gerät ein Ton zwar brüchig. In Summe jedoch betört nach wie vor dieser persönliche Sound, der packend in den Dienst des Ausdrucks gestellt wird.

Um den zeitlos wirkenden Ausnahmesänger herum motivierte, motivierende Kollegen: Nobel Kwangchul Youn als Fiesco, bemerkenswert sicher und eindringlich (als Amelia) Sopranistin Eleonora Buratto. Und von immenser Intensität Francesco Meli (als Gabriele Adorno). Robust, mit ein paar Schwächen in der Tiefe, schließlich Marco Caria (als Paolo). Dirigent Philippe Auguin schlägt mit dem Wiener Staatsopernorchester einen sanft-kammermusikalischen Ton an und hebt die Vorstellung in delikate Bereiche. Wunderbar, wie subtil das Melancholische dieser Meisterpartitur herausmodelliert wurde. Sehr feine Klinge. (tos, 25.3.2019)