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26. März 1979: Ägyptens Präsident Sadat (li.) und Israels Premier Menachem Begin (re.) mit US-Präsident Jimmy Carter im Weißen Haus.

Foto: Getty Images / David Hume Kennerly

Seit wenigen Tagen ist Jimmy Carter, geboren am 1. Oktober 1924, der bisher älteste lebende Ex-Präsident der USA. In seine Amtszeit von 1977 bis 1981 fällt der erste Friedensschluss zwischen einem arabischen Staat und Israel: Am 26. März 1979 unterzeichneten der ägyptische Präsident Anwar al-Sadat und der israelische Ministerpräsident Menachem Begin in Carters Beisein im Weißen Haus einen Friedensvertrag. Damit wurde die Rückgabe der 1967 von Israel eroberten Halbinsel Sinai eingeleitet.

Es sollte noch genau 15 Jahre und sieben Monate dauern, bis der nächste Frieden, diesmal zwischen Israel und Jordanien, unterschrieben werden sollte. Dabei ist es geblieben, aber Israel hat in den vergangenen Jahren seine Beziehungen vor allem zu den Golfstaaten erheblich verbessern können: dank des gemeinsamen Interesses einer Eindämmung des Iran.

40 Jahre "kalter Frieden"

Viel wird dieser Tage über den 40-jährigen "kalten Frieden" zwischen Ägypten und Israel geschrieben. Für die Beziehungen auf zivilgesellschaftlicher Ebene ist das bestimmt zutreffend – besonders was die negative öffentliche Meinung über Israel in Ägypten betrifft –, aber realpolitisch stellt sich das anders dar.

Noch nie war die Sicherheitszusammenarbeit zwischen Israel und Ägypten so eng. An der gemeinsamen Grenze auf dem Sinai greift Israel Ägypten militärisch bei der Bekämpfung von Jihadisten – der "Islamische Staat" hat dort eine "Provinz" gegründet – unter die Arme. Einige für Kairo laut Abkommen geltende Demilitarisierungsbestimmungen in dem Gebiet wurden von Israel einstweilig suspendiert. Im Gazastreifen verhandelt der ägyptische Geheimdienst mit Israels Deckung mit der Hamas über ein Arrangement, das einen langfristigen Waffenstillstand sichern soll.

Das heißt, der ägyptisch-israelische Frieden hat alle Umstürze und Unruhen der letzten Jahre in Ägypten und in der Region unbeschadet überlebt. Sogar die ägyptischen Muslimbrüder, in deren Schriften jahrzehntelang die Auflösung des Friedens mit Israel gefordert wurde, tasteten den Vertrag nicht an.

Camp David 1978

Während ihrer kurzen Zeit an der Macht nach den Wahlen, die auf den Sturz Präsident Hosni Mubaraks im Februar 2011 folgten, war ihre Sprachregelung, dass das Abkommen "völlig" erfüllt werden müsse. Damit sind die "Frameworks for Peace" vom September 1978 in Camp David gemeint, die ja auch die Weichen für die Verwirklichung der "legitimen Rechte des palästinensischen Volkes" – so der Text – im Westjordanland und im Gazastreifen stellen sollten.

Für Sadat, der von den Arabern des Verrats an ihren Interessen und speziell jenen der Palästinenser bezichtigt wurde, war diese Inkludierung wichtig gewesen. Genützt hat sie ihm dennoch nichts: Die Arabische Liga bestrafte Ägypten durch den Abzug von Kairo nach Tunis, wo sie bis 1990 blieb. Sadat wurde 1981 von einem islamischen Extremisten ermordet.

Weizman: "Historische Chance nicht genutzt"

Begin hingegen war an einer Umsetzung der die Palästinenser betreffenden Teile von Camp David nie interessiert – was sogar zu späteren Rücktritten aus seinem Kabinett führte. Außenminister Ezer Weizman etwa warf Begin vor, eine historische Chance auf einen umfassenden arabisch-israelischen Frieden ungenützt verstreichen zu lassen.

Der Nahe Osten wurde durch den israelisch-ägyptischen Friedensschluss, der Kairo in den Genuss substanzieller US-Militärhilfe brachte, zuungunsten des Einflusses Russlands nachhaltig verändert. Ägypten wurde zu einer Säule der Nahostpolitik Washingtons. Umso mehr fühlten sich die US-Partner in der Region vor den Kopf gestoßen, als US-Präsident Barack Obama seinen Verbündeten Mubarak bald nach Ausbruch der Proteste 2011 fallenließ.

Hingegen rang die Obama-Regierung länger mit sich, ob sie 2013 den Sturz des 2012 durch Wahlen an die Macht gekommenen Muslimbruder-Präsidenten Mohammed Morsi als "Putsch" einstufen sollte. Hier übernahm wiederum Israel Lobbyarbeit zugunsten Ägyptens in Washington, und die infrage gestellte US-Militärhilfe lief wieder an.

"Bandbreite an Kooperation"

Dass der damalige Armeechef und jetzige Präsident Abdelfattah al-Sisi, der die Absetzung Morsis 2013 orchestrierte, Probleme hat, sich öffentlich zur Nähe Israels zu bekennen, zeigte jedoch eine aktuelle Episode: Im Jänner versuchte die ägyptische Regierung den Sender CBS daran zu hindern, ein Interview mit Sisi auszustrahlen, in dem dieser von "einer großen Bandbreite an Kooperationen mit Israel" gesprochen hatte. Das Interview wurde gesendet – die Aufregung hielt sich in Grenzen.

Aus heutiger Sicht, nach vielen Jahren vergeblicher Nahostverhandlungen, erscheint der damalige Gesprächsverlauf zwischen Israel und Ägypten zügig. Sadats Verhandlungsbereitschaft war allerdings schon vor dem Jom-Kippur-Krieg 1973 im Raum gestanden. Begin seinerseits übermittelte im August 1977 bei einem Besuch in Rumänien Präsident Nicolae Ceaușescu – einem Freund Sadats – die Nachricht, dass er bereit war. Den ersten echten Gesprächskanal legte dann König Hassan II. von Marokko. Schon im November folgte Sadats historischer Besuch in Jerusalem, im September 1978 die Camp-David-Gespräche, die im März 1979 in den Friedensvertrag mündeten. (Gudrun Harrer, 26.3.2019)