Ein Algorithmus kann anhand dem Aussehen der Häuser bewerten, ob in einem Gebiet Gentrifzierung stattfindet.

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Ob Brooklyn in New York, Kreuzberg in Berlin oder das Brunnenviertel in Wien – Stadtteile, in denen ursprünglich Arbeiter und Menschen mit weniger Einkommen leben, werden heute zu angesagten Wohngegenden für Wohlhabende. Die Mietpreise steigen und arme Menschen werden zunehmend aus ihrem alten Viertel verdrängt. Gentrifizierung nennen Stadtplaner und Soziologen diesen Prozess.

Gentrifizierung passiert oft rasend schnell – und wird manchmal erst bemerkt, wenn sie schon in vollem Gange ist. Bisherige Versuche, den Prozess der Verdrängung zu messen, basierten hauptsächlich auf sozioökonomischen Merkmalen, in dem etwa das Einkommen der Bewohner erfasst wurde. Forscher der Universität Ottawa haben jetzt eine Methode entwickelt, um den Grad der Gentrifizierung mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) zu bestimmen.

Software analysiert Häuser

Statt den Menschen in den Häusern beschäftigt sich die KI mit den Häusern selbst. Ein Algorithmus analysiert anhand von Bildern, wie sich ein einzelnes Gebäude im Laufe der Jahre verändert hat.

Was als Gentrifizierung gilt, mussten zunächst echte Menschen der KI beibringen. Ein hübscherer Anstrich, ein neuer Zaun oder bessere Fenster gelte dabei ebenso als Anzeichen wie ein kompletter Neubau. Durch fast 10.000 Bildpaare mussten sich die Wissenschafter klicken, bevor die Maschine wusste, um was es geht.

Wenn Computer Soziologie lernen: Die Wissenschafter mussten der Software anhand von tausenden Beispielen beibringen, was Gentrifizierung ist.
Foto: university of ottawa

Streetview als Datenquelle

Für das Datenmaterial griffen die Wissenschafter auf Bilder von Google Street View zurück. Dort befindet sich von beinahe jedem Gebäude der kanadischen Hauptstadt Ottawa Fotos –und zwar als Zeitreihe, schließlich soll ja die Veränderung analysiert werden. Insgesamt verwendeten die Forscher Bilder von 157.000 Gebäuden. Am Ende erreichte der Algorithmus eine Trefferquote von 95 Prozent im Vergleich zu einem Menschen.

Neben der Forschung könnte die Technologie künftig von Städten eingesetzt werden, um Steuereinnahmen in bestimmten Gebieten vorherzusagen oder rechtzeitig Lenkungsmaßnahmen zu setzen. Die Forscher geben aber zu, dass ihre Technologie auch für weniger edle Zwecke genutzt werden kann: Immobilienspekulanten könnten das Tool genauso nutzen wie Einzelhandelsketten zur Standortoptimierung. (red, 26.3.2019)