Wie ein superflaches, riesiges Raumschiff liegt das weiße Stahlungetüm in der großen Halle. Dunkle Schweißnähte überziehen die elegant gekrümmte Haut. Männer in Schutzanzügen klettern klein wie Spielzeugfiguren darauf herum.
Es ist kein interstellares Transportmittel, dass da gebaut wird, sondern eine Lkw-Fähre. Am Zürichsee wird sie ihren wenig spektakulären Dienst verrichten. Und die Fabrikshalle ist kein streng geheimes Projekt, sondern die Linzer Schiffswerft, seit 1840 gibt es sie im Winterhafen.
Eineinhalb Jahre in der Werft
Eineinhalb Jahre lang begleitete die Künstlerin Katharina Gruzei dort für Bodies of Work den Bau der Seefähre. Die Aufnahmen sind derzeit in der Wiener Galerie Charim zu sehen. Der Eindruck des Außerirdischen hängt vielen an, zum Beispiel wegen der Schutzanzüge, die die Arbeiter tragen und die an Weltraumanzüge erinnern. Über Schläuche wird Atemluft in die Helme geleitet.
Start-Ups und Digitalisierung kommen uns in den Sinn, wenn wir an die Arbeitswelt der Zukunft denken, Politiker sprechen von "Zukunftsbranchen". Zunehmend verschwinden handwerkliche Tätigkeiten aus unserer Wahrnehmung, Industrie wird in Billiglohnländer ausgelagert – diese Entwicklungen aber oft auch falschen Vorstellungen interessieren Gruzei.
Frauen nur im Büro und Putztrupp
Wegen ihres Kunststudiums in Linz hat die 36-Jährige ein neugieriges Verhältnis zur Werft. Zudem koppeln sich für sie an das Thema Arbeit viele Fragen, etwa nach ihrer identitätsstiftenden Funktion und Geschlechterverhältnissen. In der Schiffsbauhalle arbeiten nur Männer. Frauen sind bloß in den Büros und Putztrupps zu finden.
Bodies of Work dokumentiert, fragt nach dem Stellenwert der Arbeit in unserer Gesellschaft, will aber auch in Szene setzen. Zwei Aufnahmen zeigen den sich im Hafenbecken spiegelnden Abendhimmel, durchzogen von am Wasser schwimmenden Ölblasen. Zooms lassen den Blick sich in Details wie Farben oder Staub auf Anzeigen verlieren. Eine überraschende, fremde Welt. (wurm, 27.3.2019)