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An der Grenze zum Gazastreifen warten Soldaten der israelischen Armee auf weitere Befehle. Ihre Kommandanten haben neben Luftschlägen auf Hamas-Ziele auch einen Panzeraufmarsch angeordnet.

Foto: Reuters / Amir Cohen

Die Lage im Süden Israels beruhigte sich in den frühen Morgenstunden: Gegen drei Uhr am Dienstag schwiegen auf israelischer Seite die Alarmsysteme, kurz darauf stellte auch die Armee ihre Angriffe auf Gaza ein. Zuvor waren rund 60 Raketen auf Israel abgefeuert worden, einige davon holte der Abfangschirm Eiserne Kuppel vom Himmel. Israel beschoss Hamas-Ziele in Gaza, darunter das Gebäude, in dem sich das Büro des Chefs der Terrororganisation, Ismail Hanyieh, befunden hat.

Zur Sicherheit blieben am Dienstag in den Gemeinden nahe dem Gazastreifen zahlreiche Schulen geschlossen, Veranstaltungen mussten auf weniger als 300 Teilnehmer begrenzt, Arbeit auf den Feldern nahe dem Grenzzaun mit der Armee koordiniert werden. Die Anspannung blieb und mit ihr die Frage, ob die Lage doch noch eskalieren oder ein Waffenstillstand erzielt werden würde.

Keine Garantie

Wie bereits während der Auseinandersetzungen in den vergangenen Monaten gilt auch diesmal als sicher, dass keine der Seiten ernsthaftes Interesse an einem Krieg hat. Eine Garantie für Frieden ist das aber nicht.

Vor allem die Hamas steht derzeit innenpolitisch unter Druck, was mit ein Grund für die jüngste Krise sein dürfte. Zwar wies die Hamas die Verantwortung von sich und gab an, kein Interesse an einer Eskalation zu haben. Die israelischen Armee ist sich allerdings sicher, dass die radikalen Islamisten hinter dem Raketenangriff auf ein Wohnhaus im Zentrums Israels am Montagmorgen steckten. Sieben Menschen wurden dabei verletzt – Auslöser für die israelischen Vergeltungsschläge.

Im Stich gelassen

Es wäre ein zynisches Manöver der Hamas, um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung in Gaza wieder auf den großen Feind Israel zu lenken. Denn zuletzt zeigen sich die Menschen auch über die eigene Führung verärgert: "Die Palästinenser sind unglaublich wütend, auf Israel, auf die USA, auf die arabischen Staaten, von denen sie sich im Stich gelassen fühlen", analysiert der Nahostexperte Ronni Shaked vom Truman-Institut an der Hebräischen Universität in Jerusalem. "Aber immer öfter beschuldigen sie nun auch die Hamas, weil sie begreifen, dass die nichts tut, um die Lage in Gaza zu verändern."

So versammelten sich vor kurzem dutzende Menschen unter dem Hashtag #WirWollenLeben an mehreren Orten im Gazastreifen, wie der palästinensische Journalist Rames Gul berichtet: "Es sollten friedliche Proteste werden, vor allem junge Männer waren dabei. Manche hielten leere Kochtöpfe in die Höhe, riefen: 'Wir wollen leben, wir wollen arbeiten, wird sind gegen die hohen Preise und Steuern'", erzählt Gul. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Gaza bei über 60 Prozent, es mangelt an Trinkwasser und Strom.

Doch dass auch die Hamas eine Mitschuld an der Misere im Küstenstreifen hat, wollen die Anführer nicht hören: Brutal ließen sie die Aufmärsche niederschlagen: "Sie haben junge Männer verprügelt und festgenommen, Journalisten wurden eingeschüchtert. 15 meiner Kollegen wurden verhaftet", erzählt Gul. Er selbst sei gewarnt worden, nicht weiter über die Proteste zu berichten.

"Unser Volk verteidigen"

Ob es nun gelingen wird, eine Waffenruhe auszuhandeln, bleibt weiterhin offen. Aus Gaza hieß es am Dienstagmittag, dass Israel als Bedingung für einen Waffenstillstand ein Ende jeglicher Aktivitäten entlang der Grenze fordere sowie die Absage des geplanten Protests zum Jahrestag des "Marsches der Rückkehr". "Die Frage wird nun sein, was Israel im Gegenzug bereit ist, der Hamas dafür zu geben", so der Journalist Rames Gul.

Premier Netanjahu, der am 9. April in der Heimat Parlamentswahlen zu schlagen hat, wollte während seiner USA-Reise noch nicht von einer Waffenruhe sprechen. In seiner per Liveschaltung übertragenen Rede bei der AIPAC-Konferenz in Washington sagt er, Israel sei bereit weiterzugehen. "Wir werden tun, was nötig ist, um unser Volk und unseren Staat zu verteidigen." (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 26.3.2019)