Bauer: "Die Männer hätten aufschreien müssen."

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"Ich sehe die Ungleichbehandlung nicht." Harald Bauer, Geschäftsführer der Österreichischen Sporthilfe, zeigt sich einigermaßen erstaunt über die Entrüstung heimischer Spitzensportlerinnen. Von ungefähr kommt die Aufregung freilich nicht. Schließlich hat die Sporthilfe als eine der wichtigsten Fördereinrichtungen ihre Einstufungs- und Leistungskriterien verändert.

Das betrifft zum einen das maximale Alter der AntragstellerInnen, das mit 40 Jahren festgelegt wurde (früher 45). Zum anderen werden Resultate von Männern und Frauen in einigen Sportarten ab sofort unterschiedlich bewertet und demgemäß auch unterschiedlich belohnt. Bauer sieht keine Diskriminierung, im Gegenteil: "Wir schaffen jetzt eine Gleichbehandlung. Bis jetzt hat es ja eine Ungleichbehandlung gegeben." Und er fügt hinzu: "In Wahrheit hätten früher die Männer aufschreien müssen."

"Männer hatten es schwieriger"

Bauer bezieht sich darauf, dass es Disziplinen gibt, in denen bei Großevents weniger Frauen als Männer antreten dürfen. Das führte dazu, sagt er, "dass es die Herren bisher wesentlich schwieriger hatten", zu Spitzenresultaten und also in den Genuss von Fördergelder zu kommen. "Da geht es einfach um die Teilnehmerzahl. Die Größe eines Damenfelds liegt oft dramatisch unter jener eines Herrenfelds."

Betroffen von künftiger Anders- oder eben – nach der Diktion Bauers – "Gleichbehandlung" sind Frauen in den Sommersportarten Mountainbike, BMX, Tennis und Tontaubenschießen sowie in den Wintersportarten Ski Cross, Kunstbahnrodeln, in mehreren Ski-Freestyle-Disziplinen, im Skispringen und im Snowboarden. Hier müssen Frauen künftig besser abschneiden als Männer, um gleich gefördert zu werden. Beispiel Snowboarden: Vier Top-4-Ränge im Frauen-Weltcup sind vier Top-8-Rängen bei den Männern gleichgestellt. Beispiel Skispringen: Ein weiblicher WM-Stockerlplatz ist laut Sporthilfe so viel wert wie ein Top-6-Platz bei den Männern. Beispiel Tennis: Frauen müssen in der Weltrangliste um fünfzig Ränge besser platziert sein als Männer, wollen sie dieselbe Unterstützung erfahren.

Kritik von Riegler und Schöffmann

Im Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA), die das Sporthilfe-Thema am Dienstag aufbrachte, hatten die Snowboarderinnen Claudia Riegler und Sabine Schöffmann heftige Kritik an der Sporthilfe geübt. Schöffmann sprach von einem "Schlag ins Gesicht" und verwies darauf, dass viele Sportarten Gehälter und Preisgelder angepasst haben. So werden Norwegens Teamfußballerinnen seit 2017 gleich entlohnt wie die Fußballer, andere Verbände zogen nach. Schöffmann: "Ich muss doppelt so gut sein, um die gleiche Förderung zu erhalten. Auf einmal soll meine Leistung weniger wert sein als die der Männer?"

Bauer, dessen Vertrag im Juni ausläuft, findet solche Vergleiche "nicht fair" und betont, dass Talente und paralympischer Sport künftig besser gefördert werden. "Bei Ungereimtheiten können wir am 6. Mai bei der nächsten Vorstandssitzung und Generalversammlung gegensteuern. Nichts ist in Stein gemeißelt."

Auch für Riegler und Schöffmann gebe es Hoffnung, schließlich werde jeder Antrag um Förderung gesondert behandelt. Schon jetzt werden 21 Athletinnen und Athleten anders, also besser gefördert, als in den Richtlinien eigentlich vorgesehen sei. Wofür es dann überhaupt Richtlinien gibt? Bauer: "Alles geht stark Richtung Individualität." (Fritz Neumann, 26.3.2019)